image

Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Prosa

Erzählungen und Skizzen

Herausgegeben von
Klaralinda Ma-Kircher

image

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:

www.residenzverlag.at

© 2008 Residenz Verlag

Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten.

ISBN ePub:

ISBN mobi:

ISBN Printausgabe:

Cavaliere Huscher oder von Ybs verhängnisvolle Meerfahrt

Mein Freund Achatius von Yb, ein liebenswürdiger, stiller und – wie ich besonders bemerken möchte – ein durchaus wahrheitsliebender Mann, erzählte mir einmal die nachfolgende wunderliche Geschichte, die er in schon immerhin reiferen Jahren erlebt hatte. So scheinbar absurd, ja vielleicht von so widerlicher Dämonie erfüllt sie auch an der Hauptstelle erscheint, so ist sie doch unendlich lehrreich, besonders für die heranwachsende Jugend, deren geistige Fundamente in geradezu leichtfertiger Weise auf den trügerischen Sand veralteter und für die bereits eingetretene kosmische Spannungsperiode nicht ausreichender Logikbücher gebaut erscheinen. Meiner Meinung nach gehörte sie eigentlich in die Lesebücher, neben solide Prosa und zwischen die Gipsbrocken anerkannter und geprüfter vaterländischer Lyriker der alten Schule. Und ungewöhnlich wie die ganze Geschichte war auch der ganze Herr von Yb.

Das Schicksal hatte ihn in eine gar prunkvolle Goldwiege gelegt, oder, wollen wir genauer sein: Die Wiege war aus Ebenholz und mit falschen Elfenbeininkrustationen aufs tollste und unübersichtlichste verziert, wie es die Pariser Mode des zweiten Empire tyrannisch verlangte. Trotz dieser falschen Elfenbeinpracht und trotz dem stilvoll dazu angepassten Nachttöpfchen mit Musik war von Ybs späterer Lebensweg von – wir übertreiben nicht! – geradezu haushohen Disteln umwuchert.

Weiß der Teufel, in was für Aspekten die großen Himmelslichter zueinander standen, die im Moment seiner Geburt empordonnerten! Damals fiel es noch keinem Menschen ein, Horoskope zu verfassen. Die Schicht, die dies heute tut, machte damals in Wanzentinkturen und Hühneraugenmitteln oder versprach geradezu verboten üppige Büsten und meterlange Schnurrbärte. Denn Aufklärung und Liberalismus blühten. Gummizugschuhe galten als der letzte Chic, und vor allem war jeder, der ein bisschen etwas auf sich hielt, stolz, vom Affen abzustammen, was eine triumphierende Wissenschaft jeden Tag aufs Neue kristallklar bewies. Es war die Zeit, wo ein ankommendes Telegramm oft ein bis zwei Tage liegen gelassen wurde, und angesehene Familien zerkrachten sich in leidenschaftlichen Diskussionen im Für und Wider über die Möglichkeit und den Nutzen der Pferdebahnen. Manch himmelstürmender Sohn wurde ob solcher Fragen mit feierlichem väterlichen Fluch aus dem Elternhaus gestoßen und musste nach Amerika oder nach ähnlichen wilden Ländern. Trotz alledem gab es in dieser lichtvollen Zeit noch immer wahrsagende Zigeunerinnen. Solch eine Vettel – der Ausdruck ist nicht zu stark gewählt! – drang bis zur wöchnernden Mutter Ybs vor, schob die Hebamme beiseite und verkündete mit seherischer Stimme, dass das Kindlein sich ja in acht nehmen müsse vor viel Wasser und ... ja ... vor Mist, oder vor allem, was mit Mist zusammenhinge ..., setzte sie, starr in die Ferne blickend, hinzu.

Frau von Yb erschrak fürchterlich und war wütend, dass in ihrem feinen Hause von so ordinären Dingen wie Wasser oder gar Mist gesprochen würde, und verweigerte der Hexe den Liedlohn. Unter gurgelnden Verwünschungen verschwand die schmutzige Tochter Indiens, aber ihrer Rede Samen war auf fruchtbaren Boden gefallen.

Aufklärung hin, Aufklärung her – man berief einen Familienrat ein, dem Onkel Doppelhör präsidierte, ein Mann von so stadtbekannter Vorsicht, dass er sogar am Schattenspender einen kleinen Blitzableiter mit nachschleifender Silberkette trug. Bald war man sich einig, dass für den kleinen Achaz zwei Dinge ein für allemal ausgeschlossen seien: a) dass er einmal später Admiral und b) dass er Großgrundbesitzer würde. Dafür schlug der besagte Onkel Doppelhör für das Knäblein den bekanntlich außerordentlich trockenen und man könnte gewiss sagen durchaus müllfreien Beruf vor, an den Brüsten der Wissenschaft ... die Damen sprangen empört und schamglühend auf und fächelten sich wie toll. Aber schließlich einigte man sich doch, den Kleinen einen namhaften Privatgelehrten werden zu lassen.

Von seiner Kindheit und Jugend ist mir so gut wie nichts bekannt. Ich hatte das Vergnügen, ihn auf einem Kongress der Akademie der Wissenschaften kennenzulernen, nebenbei erwähnt, einer der leidenschaftdurchwühltesten Sitzungen, die diese überaus vornehme Vereinigung zu verzeichnen hat. Gab es doch eine erregte Diskussion. Musste da nicht irgendjemand aus einem andren Parnass des Geistes Zugereister mit der Frage, ob Archimedes oder Raimundus Lullus als der Erfinder der Geduldspiele anzusehen sei, in ein wahres Wespennest stechen?

Das Geschnatter war furchtbar. Glatzköpfe hieben voreinander staubkrachende Schmöker auf den Boden oder hielten sich, vor Leidenschaft zitternd, an den Gehrockknöpfen fest. Manche spuckten sogar voreinander aus. Plötzlich tauchte ein gelehrter Kopf mit eisig funkelnder Brille auf und brachte Licht in die trübe Wirrnis. Es war Ernst Mach, der große Physiker, den ich damals ehren und bewundern lernte. Neben mir krähte ein Herr vor Begeisterung. Wir schüttelten uns die Hände, es war Achatius von Yb, den ich einige Jahre später unter traurigen Umständen wieder sehen sollte. Zur Zeit unseres ersten Zusammentreffens mochte er Anfang der Dreißig gewesen sein. Er sah aber ganz unbestimmbar alt aus. Sein schütteres, seidendünnes Haar war von fahler Farbe, seine Haltung etwas vorgebeugt. Seine Kleidung, nachlässig, doch von bester Qualität, sah schon, wenn sie vom Schneider kam, verlegen und verschossen aus.

Die Eltern, schwerfällige Leute der Gesellschaft, waren frühzeitig verstorben, noch zur Zeit, da von Yb die Universitätsstudien noch nicht beendet hatte. Sie hatten eine vornehm-dunkle Wohnung in einem monumentalen Stadtviertel inne, in welcher der Sohn einen Hoftrakt bewohnte. Auch nach dem Tode der Eltern blieb von Yb in seinen düsteren Junggesellengemächern wohnen, nach wie vor in seine unentwirrbaren Studien und eigenartigen Betrachtungen versenkt.

Dabei war er keineswegs menschenscheu: Zweimal im Jahr gab er ein großes Fest, bei dem die sonst nie betretenen Salons im Glanz unzähliger Kerzen erstrahlten und die melancholischen Gemächer für wenige Stunden von einem rauschenden Scheinleben erfüllt waren. Dann war wieder alles totenstill um ihn, der seine Zimmer oft jahrelang kaum verließ.

Wenn ihm damals jemand gesagt hätte, dass er einmal scheu von einem seiner fünfzig Absteigquartiere ins andere würde huschen müssen, und all dies einer kleinen Dummheit wegen, zu der ein unscheinbarer Moment den Grundstein legte.

Das kam so: Herr von Yb begab sich eines Morgens aus der dunkel getäfelten Studierstube, in die nur in den ersten Sommertagen ein vereinzeltes Goldlicht von irgendwoher fiel und dann allerdings ein zauberhaftes Spiel von melancholisch kurzer Dauer aufführte, in seine Bibliothek, ein schmales Gemach mit arkadenartigen Bogenfenstern, die in einen halbfinsteren Lichthof hinaussahen. Da fiel es dem versonnenen Privatgelehrten auf, dass mehr Licht als gewöhnlich in dem bücherdufterfüllten Gelasse sei, und als er an eins der Bogenfenster trat, sah er, dass hoch oben im schmalen Spalt des Lichtschachtes juwelensprühendes Sonnenlicht eine wahre Orgie von Strahlengeglitzer aufführte.

Der kristallklare Himmel war von der dunklen Bläue, wie man sie sonst nur über Gletschern sieht, und leuchtend weiße Wolken zogen wie jubelnde schneeige Engelscharen in raschem Fluge immer und immer wieder vorüber. Tief unten, am Grunde des Hofes, neben einigen moosigen Stellen an der schweren Rustika, zwitscherte ein armseliges Vögelchen in seinem Käfig, und gerade Yb gegenüber waren die Fenster eines Glasganges, in den das Kofferzimmer einer hochherrschaftlichen Wohnung des Nachbarhauses mündete. Eine offene Gasflamme in einer Milchglasschale brannte Tag und Nacht in dem mit Gepäckstücken aller Art gefüllten Raume, wie dies Yb schon des Öfteren, wenn auch ohne besonderes Interesse, bemerkt hatte.

Da geschah es, dass dieses Zusammentreffen geeigneter Umstände in von Yb mit suggestiver Gewalt eine noch nie gekannte Sehnsucht nach den Schönheiten dieser Welt erweckte, so dass er sich mit dem Gefühl süßer Wonne, wie sie so voll und ganz nur Kinder am Vorabend der Ferienfahrt empfinden können, daran machte, alles zum Antritt einer großen Reise vorzubereiten, einer Reise, die ihm zum ersten Male das Meer zeigen sollte.

In Genua wollte er dieses großartige Schauspiel Wahrheit werden lassen, wozu wohl im Unterbewusstsein der Umstand mitwirkte, dass sein Großvater 1849 unter Radetzky in Oberitalien gekämpft und dort den Heldentod gefunden hatte.

So war dies Land, das wie nicht bald ein anderes der Brennpunkt tragischen Geschehens ist, mit seinem Blute irgendwie verknüpft, so dass er, der Enkel, in einer Art dämonischer Anziehung zu diesen bizarren, dabei doch wieder philisterhaftbetriebsamen Provinzen, dieser transalpinen Spiegelung Sachsens, sich unterwegs befand. Im schwach besetzten Nachtschnellzug fuhr er weg, um nach angenehmer Fahrt die Frühnebel Kärntens zu erblicken. An großen Seen jagte der Zug vorüber, durch herrliche, tiefdunkle Wälder, endlich an frischbeschneiten, ins Gigantische getürmten Bergreihen dahin, um am Frühnachmittage die italienische Grenze zu erreichen.

Hart abgeschnitten begann dort eine andere Welt: hier waldreiche, nordische Behaglichkeit, wenige Schritte davon auffälliger Holzmangel, verstaubte Steinhäuser, flatternde schmutzige Wäsche, öde Gassen, durch die stark besetzte Eselskarren jagten. Über dem Ganzen ein Geruch, gemischt aus Öl, essigstichigem Wein, Rauch und dem fadsüßlichen Brodem, wie er Leichenzimmern anhaftet. Nach unnütz langem Zollaufenthalt – von Yb war, wie er sich leicht überzeugen konnte, der einzige Reisende – tollte der ratternde Zug in wahrhaft beängstigender Weise an den steilen Felswänden dahin, war umtost von sich immer steigernden, unerklärlichen Donnerschlägen in den zahllosen Tunnels und sprühte um die Kurven, dass man nicht gerade stehen konnte.

In einer kleinen Station, in der der Train mit Klirren und Krachen anhielt, stieg eine einzelne, überelegante Dame ein, setzte sich von Yb gegenüber, um ihn mit rätselhaft großen Augen, Augen, wie er sie noch nie gesehen hatte, anzustarren.

„Glaukopis Pallas Athene“, fiel ihm da unwillkürlich ein.

Eine Station später verließ ihn die Erscheinung wieder, um einem schwarzgekleideten Herrn Platz zu machen, dessen hagere Gestalt ein ganz kleines, olivgelbes Vogelköpfchen krönte, schwer durchfurcht, und die Furchen wieder ausgefüllt mit einer tiefschwarzen Patinamasse, wie man solche bei frisch ausgegrabenen Antiken zu finden pflegt. Dieser Mann zog nach einiger Zeit dumpfen Brütens eine Dose hervor, schnupfte und ließ besagtes Kleinod ein Preislied auf den längstverschollenen General Palafox, den Helden von Saragossa, erklingen. Dann flogen noch zwei große Fliegen davon, die er wohl mitgebracht haben mochte. Er aber, der wusste, was sich gehört, fing an, sie mit einem blauen Schnupftuch zu jagen, wobei er mit den Schnallenschuhen seinem Gegenüber heftig auf die Füße trat, wodurch sich wie von selbst eine Konversation ergab. Er sei Spanier und zum vierten Male bis ganz knapp an die Grenze Österreichs, das Sehnsuchtsziel seines Lebens, gekommen, müsse jedoch abermals aus Geldmangel umkehren.

Yb erstaunte über das befremdlich hohe Organ des alten Mannes. Der fuhr fort, er sei Priester gewesen und trotz seines erhabenen Berufes dreimal schwer durch Messerstiche verwundet worden, am schlimmsten das letzte Mal, bei den Lamentationen am Gründonnerstage des verflossenen Jubeljahres.

Von Yb gab seinem Bedauern lebhaften Ausdruck und fragte, warum er denn sein hohes Amt zurückgelegt habe. Auf das hin krähte der Mitreisende noch ein paarmal schrill auf, murmelte etwas von kanonischer Unvollkommenheit, zuckte die Achseln und sah fortan stumm zum Fenster hinaus.

So ging das weiter, bis man Udine erreichte.

Gellendes Leben erfüllte die Bahnhofshalle. Überall brannten grelle Lichter, und übermäßig viel Volk drängte am Perron herum, war offensichtlich den Bediensteten im Wege und trat schlummernde Kinder, die gewohnte Schlafstätten auf dem Steinpflaster des Bahnsteiges haben mochten.

Man nötigte unsern Reisenden in den Speisesaal, wo auf einem vergoldeten, altarartigen Buffet in schreiend bunten Farben leuchtende Flaschen mit eiskaltem Schwefelwasser und gallbittre Liköre standen. Prunkvoll kostümierte Generale und fächelnde dicke Damen mit schwarzbehaarten Warzen promenierten im Saal, auch viele auffallend hübsche Mädchen, bunt gekleidet, manche mit hohen Kämmen und Spitzenshawls, durchzwitscherten die Menge.

Ein Kellner mit einem unheimlichen, starren Glasauge pries Herrn von Yb, während er ihm eine südländische Schüssel servierte, die Reize eines jungen Mädchens an, das sich einer nicht alltäglichen Anomalie rühmen dürfe. Doch indigniert wehrte von Yb ab.

Um seinen Hauptverdienst gekommen, versuchte der Garçon sich wenigstens durch Herausgabe nicht gangbarer Kupfermünzen einigermaßen schadlos zu halten; doch unser Reisender war entzückt, Soldi des letzten Dogen von Venedig, Manin, eine Notmünze des von Voltaire besungenen Königs Theodor von Korsika, ja selbst die reichverschnörkelte Kontrollmarke eines Neapler Bordells aus Casanovas Tagen zu bekommen, so dass er fast das schrille Glockenzeichen zur Abfahrt überhörte.

Der Zug brauste in die Nacht hinaus, um plötzlich langsamer zu fahren, nach minutenlangem, jammergellendem, immer steigendem und fallendem Pfeifen stehen zu bleiben und schließlich wieder in die Station zurückzufahren.

Kaum im Bahnhof angelangt, begann ein Laufen der Stationsbeamten zur Lokomotive, wo unter Laternenschwenken eine von allen Seiten heftig geführte Debatte begann.

Yb, der sich auch nach vorne begeben hatte, konnte dem in friaulischem Dialekte geführten Streite nur so viel entnehmen, dass man „Es“ gesehen habe, ganz deutlich, und dass es genau so gehen würde wie „damals vor siebzehn Jahren“. Unter keinen Umständen führen sie weiter, weder er, Cesare, der Maschinist, noch Pompeio, der Heizer.

An wen immer sich von Yb wandte, ihm gegenüber schwieg alles wie ein Grab. Endlich gestand ihm ein alter Träger, dem er ein überraschend hohes Trinkgeld zugesteckt hatte, dass es der „Gnomenleichenzug von Verona“ gewesen sei, den man noch nie so nahe bei Udine gesehen habe, und der sehr Böses voranzeige. Er solle ihn aber nicht verraten und brotlos machen, da diese Geistererscheinung als tiefstes Amtsgeheimnis vor Fremden sorgfältig verborgen würde. An eine Weiterfahrt auf dieser Strecke sei natürlich nicht zu denken.

Und richtig wurden die Passagiere in einen andern Zug umquartiert, der aus ganz veralteten Waggons der ersten Eisenbahnepoche bestand, die trübselig beleuchtet in die laue Sommernacht fuhren. Als er sich in seinem Abteil näher umsah, umgab ihn ein so anheimelndes Gefühl vormärzlich-großmütterlicher Stimmung, dass es dem einsamen Reisenden seltsam weich ums Herz wurde. Die Decke des Wagens war mit bunten Arabesken bemalt, die Wände aus graugesternter Wachsleinwand, die Sitze tief und behaglich, die Fenster wie bei alten Kutschen unten abgerundet und mit bequemen Armschlingen in Perlstickerei versehen. Auch eine Tapetentür gab’s in dem engen Raume, die seinen Forscherdrang nicht wenig reizte.

Neugierig öffnete er und trat in ein Nebencoupé, das fast den Eindruck eines Boudoirs machte; lagen doch Damenkleider herum, und ein feines Parfum erfüllte den Raum. Dort gab’s wieder eine Türe, die er zaghaft öffnete. Was er aber jetzt sah, ließ ihn nur mit Mühe einen leisen Schrei der Überraschung unterdrücken: Von einer Ampel rosig beleuchtet, erhob sich ein Himmelbett, und auf ihm schlummerte in malerischer Attitüde ein wunderschönes, schwarzlockiges Mädchen. Auf den Zehenspitzen zog sich der Diskrete in sein Abteil zurück, wo es ihm nach einiger Zeit Wartens gelang, des an den Laufbrettern heranturnenden Kondukteurs habhaft zu werden. Auf die Frage, ob er etwas über die Dame nebenan wisse, erfuhr er, dass es die jüngste Enkelin der berühmten, 1854 an der Cholera verstorbenen Tänzerin Taglioni sei, dass ihr das Operntheater in Port Said gehöre und der Waggon, ein alter, ausrangierter, sardinischer Hofwagen, von ihr gemietet wäre. Der Herr befände sich im Kammerherrncoupé, was übrigens gar nichts mache, dabei hielt er ihm die offene, affenartig behaarte Hand hin. Kaum war der faunisch lächelnde Schaffner verschwunden, als eine noch nie dagewesene Abenteuerlust von Yb übermannte. Eine große Tüte Pralinés aus seinem Gepäck nesteln und die Tür zum Heiligtum Cupidos gewinnen, war eins.

Leise stahl er sich zum Lager der Schönen. Sein Herz schlug im Takt zum dumpfen Rollen der Räder unter seinen Füßen. Schon lag er auf den Knien und drückte einen flüchtigen Kuss auf die rosigen Lippen seiner anbetungswürdigen Reisegefährtin. Damit war seine ganze Kühnheit erschöpft, und er wollte wieder auf leisen Sohlen zurückschleichen. Aber die schöne Schläferin erwachte, schlang ihren schwellenden Arm um den Knieenden und murmelte leise, wie ein Hauch: „Oh ... momognone mio ...“, schlug dann die Augen auf und stieß mit einem Schrei der Entrüstung den verliebten Fahrgast von sich. Eine wogende Flut von Schimpfworten in der Lingua franca folgte. Zuerst war von Yb sprachlos, und er wusste nicht, was er tun sollte. Schließlich fiel ihm das Einfachste und Beste in seiner peinlichen Lage ein: Er überreichte der Erzürnten die Bonbonniere. Man nahm sie an. Grollend verschlang das holde Mädchen den wohlschmeckenden Inhalt, ward ruhiger und ruhiger und fragte endlich in einem vom Hauch der Levante reizvoll gefärbten Dialekt, was der Herr in ihrem Coupé eigentlich wolle?

Der beteuerte, nur den Durchgang zum Speisewagen gesucht zu haben, um sein gewohntes Abendsüppchen zu schlürfen. Die Fügung der Götter hätte ihm aber einen reizenden Irrweg beschert, und so habe er sich – bewusst oder unbewusst, er könne es nicht genau sagen – anbetend am Lager der Schönheit gefunden. Ach, wenn er auf Erhörung hoffen dürfte! Sein Herz sei frei, und gerne würde er sich und seine Reichtümer ihr zu Füßen legen. Doch die Holde stemmte ihn mit kräftiger Hand von sich, sah ihm einen Augenblick forschend in die Augen, stieß ihn vollends weg und schüttelte die duftenden Locken. Was er dächte! Nie! Eine jungfräuliche Priesterin der Kunst sei sie, der Diana, nicht der Venus zugeschworen, und wolle nichts von Männern wissen. Das Geschlecht kenne man! Übrigens sei er nicht einmal ein Künstler, das sehe man ihm an, weder ein Tenor, Tierbändiger oder sonst vom Fach!

Gedrückt fragte von Yb, ob es denn gar keine Hoffnung für ihn gäbe ... wenn es auch nur das bescheidenste Plätzchen in ihrer Nähe wäre.

Da aber brauste das Mädchen zornig auf. Wenn er solche Gedanken hege, dann möge er sich an andre Adressen wenden, zum Beispiel ans Ziziniatheater in Alexandrien, rue de la Porte de Rosette Nr. 69, oder an das „Palais de Danse“ in Damanhur, oder an die „Friponière“ in Port Sudan! Sie sei tugendhaft, überdies im Präsidium der Handelskammer von Port Said, und er solle sich zum Teufel scheren! Von Yb zerschnitt es das Herz, dass er nichts Ordentliches gelernt hatte – Mimik, Operngesang oder wenigstens Feuerfressen –, und traurig brach er auf, noch einen Blick zurückwerfend auf die Schöne im Bette, die, einen Silberspiegel in der Hand, irgendeine Stelle ihres Zahnfleisches schminkte, mit der sie nicht zufrieden schien. Seufzend taumelte er in sein Coupé zurück, wo er die Nacht allein mit seinen Seelenqualen und vielen verhungerten Flöhen – wohl Eigentum der italienischen Staatsbahnen – zubrachte.

In Mirandola gab’s eine zweistündige Mittagspause, während der er seine spröde Reisegefährtin bewundern konnte, die, von Parfumwolken umschwebt, in großer Toilette das Diner einnahm, bedient von einem zähnefletschenden Araber in weißem Kaftan und einem halbwüchsigen levantinischen Mädchen mit Bernsteinteint und ganz kurzem Röckchen, das die eleganten schlanken Beine bis weit übers Knie sehen ließ.

Ein zaghafter neuer Versuch scheiterte an verschlossenen Verbindungstüren; dann hatte der gefällige Kondukteur den Vorschlag gemacht, den Zug zu einer leichten Entgleisung zu bringen, wobei der Herr das schöne Mädchen retten könne. Das käme aber billigst auf 500 Lire. Von Yb lehnte ab.

Knapp nach Sonnenuntergang schwebte wieder der Schaffner durch den bunten Abend und verlangte bloß noch 300 Lire. Auch ein letztes Angebot zu 100 Lire, knapp vor der Einfahrt in den berüchtigten Montegiovetunnel, wo düstere Öllämpchen vor modernden Heiligenbildchen die zahlreichen Unglücksfälle bezeugten, erfuhr nur kalte Abweisung von Seite unseres Helden, der endlich in tiefer Nacht, todmüde, allein in einem übermäßig hohen zweirädrigen Omnibus mit rasselnden Glasfenstern durch die von finster getürmten Häusern eingeengten Straßen Genuas fuhr. Ein zerlumpter Junge mit einer buntfarbigen Laterne auf hohem Stocke lief dem Fuhrwerk voran, das Yb in ein altmodisches, ihm jedoch warm empfohlenes Hotel mehr bürgerlichen Charakters brachte. Dort begab er sich sofort in den von einigen summenden Gasflammen beleuchteten Speisesaal. Schon halb schlummernd nahm er ein Nachtmahl zu sich und bemerkte, von heißen Schlafwellen immer wieder fast ums Bewusstsein gebracht, dass einige müde Kellnergestalten, ungeheuren Flöhen unterm Mikroskop nicht unähnlich, sich von dem ins Dunkle verlorenen Hintergrunde des Saales gerade noch abhoben.

Als er das Mahl beendet hatte, winkte er den Obersten dieser Schemen herbei und fragte, schlaftrunken stammelnd, ob er noch schnell das Meer sehen könne.

Der Garçon nickte schweigend und beauftragte flüsternd einen Pikkolo, den Herrn zu führen. Es ging durch einige düstere Gänge zu einer Türe, die der Junge nicht ohne Mühe öffnete. Zu Ybs Verwunderung, der dachte, auf die Straße gekommen zu sein, befand man sich in einem ziemlich weiten Gewölbe, wo Grünzeug, leere Damigiani und allerlei sonstiges Gerümpel aufbewahrt waren.

Auf die Frage an den Jungen, der Licht angezündet hatte, wohin man nun gehen werde, bekam er die seltsame Antwort, dass man zur Stelle sei. Dann führte ihn der befrackte Knabe zu einer kleinen Kiste mit einem Deckel, die Yb sofort als sogenanntes Misttrüherl erkannte, wie man in Wien die Müllbehälter zu benennen pflegt. Der junge Führer hob den Deckel und bedeutete von Yb, dass das Meer sich in der Kiste befände.

Yb gab’s einen elektrischen Schlag, und er glaubte ganz bestimmt eine Verschiebung der Persönlichkeit, der Umwelt oder der realen Daseinsebene überhaupt zu erleben. Denn das, was er sah, spottete jeder Beschreibung. Die tiefste, durchleuchtendste Bläue des unendlichen Abgrunds war es, die er in dem bescheidenen Gefäß erblickte.

Kein Zweifel, das war das Meer! Die Begriffe Poseidon und Thetis drängten sich ihm auf, auch Medusa in schwermütigem Klange. Gerade als er rufen wollte: „Thalatta, Thalatta!“, donnerte die innere Stimme ihm zu: „Humanist, kusch! Das ist ja Irrsinn! Das kann doch nicht das Meer sein! Bedenke, das Unendliche im Misttrüherl!“ – „Das gibt’s, das gibt’s“, flüsterte aber der Satan, dessen Telefon in jedes Menschengehirn mündet, „horch nicht auf die Stimme der sogenannten Vernunft, die doch nie etwas gelernt hat und dir nur das Banalste als sicher erscheinen lässt, Wurm, vermessener! ...“ Wirr sah sich der Zweifelnde um und gewahrte den alten Oberkellner mit den geteilten Bartkoteletten, der ihm auf stillen Plattfüßen nachgegangen war.

Unter diskretem Hüsteln und fast verlegenem Schwenken der Serviette begann dieser wie folgt: „Mein Herr! Ja, es ist das Meer. Ich weiß genau, was in Euer Gnaden Seele vorgeht, obwohl ich nur ein einfacher Diener bin. Ja, es ist das Meer, das richtige Meer, nicht der ordinäre Kitsch, den man den dummen Reisenden als Meer aufschwatzt! Ich würde es ja nie wagen, Euer Gnaden mit so etwas zu betrügen, ich, der ich die Auszeichnung hatte, anno 49 unter Euer Gnaden hohem, seligem Herrn Großvater bei der Armee Radetzkys zu kämpfen!

Ich war ja Eskadronskoch bei der Division Freydenplitz – lauter lebfrische Kärntnerbuben –, und wir hätten alle gern das Leben für unsern gnädigen Herrn Oberst hingegeben! Aber das Schicksal wollte anders!“ Der alte Kellner wischte sich mit der Serviette eine Träne aus dem Auge und fuhr fort: „Eine piemontesische Kanonenkugel durchbohrte Ihren hochseligen Herrn Großvater bei Mortara. Mir zerschmetterte sie den Fuß, als ich gerade hoch zu Ross, mitten im Kugelregen auf dem umgehängten Brett eine Veroneser Salami als Labsal für die Verwundeten aufschnitt, und tötete mein Handpferd, den zweimal mit der silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichneten Schackerl, der auf seinem breiten Rücken die sogenannte ‚reitende Kaffeeküche‘ trug. Als Invaliden hat man mir dann zum Abschied das Meer geschenkt. Hat doch ein Jeder was bekommen: der eine Drehorgelkonzession, der ein Ringelspiel, der eine Tabaktrafik und der einen dressierten Affen in französischer Generalsuniform. Ja. Und ich halt das Meer. Das richtige Meer. Dasselbe, das einmal der Römische Kaiser Rudolfus in Prag gehabt haben soll und das dann lang in der Mariazeller Schatzkammer gewesen ist. Dort haben sie es auf einmal nicht mehr mögen.“

Von Yb wirbelte es im Kopfe, wie er mir später immer und immer wieder versicherte.

„Bitte“, fuhr der Kellner fort, „belieben nur ein wenig am Strande zu spazieren.“ Dabei führte er den Willenlosen einige Male um das Müllkistchen herum, aus dem jetzt auch noch eine frische würzige Brise so heftig wehte, dass der erstaunte Yb sich den Hut halten musste.

„Sehen Sie“, begann der Mann mit den eisgrauen Koteletten von neuem, „da drauf hat der Tegetthoff als Bub gelernt.“

Jetzt wurde dem schon halb träumenden Yb die Sache doch zu bunt. Nichts wollte er mehr von dem ihm nachgerade bedenklich scheinenden Meere hören, nichts mehr von dem dämonisch blauen Abgrunde in dem – scheinbar – so harmlosen Gewande eines Misttrüherls sehen, und er floh wie ein Besessener aus dem unheimlichen Hause hinaus in die enge, finstere Straße.

Doch dem düsteren Herkulaneum seiner Gedanken konnte er nicht entfliehen. Wogender blauer Abgrund! Tegetthoff! Neptun! Misttrüherl! Diese Begriffe ertönten in seinem erschöpften Gehirn, und er raste weiter, bis er durch ein Getümmel aufgehalten wurde, das vor ihm schattenhaft brodelte. Es war eine Gruppe lautlos raufender Matrosen, und aus ihr löste sich plötzlich ein riesengroßer Kerl mit der Silhouette eines dunklen Herkules, ergriff einen chinesischen Heizer, schwang den Zappelnden an einem Beine durch die Luft und schmetterte ihn gegen eine im Mondlicht ehern funkelnde Türe, dass diese krachend zersplitterte und der Bedauernswerte im gähnenden schwarzen Loche verschwand.

Wie mit einem Zauberschlage erglühten alle Fenster, und unermessliches Leben begann in dem großen Hause. In einer Küche hörte man Fett aufsieden; an einem Fenster sah man einen buckligen Schreiber mit grünem Augenschirm die Feder eintauchen und emsig drauflos kritzeln; an einem andern Fenster übte eine gealterte Sängerin – madre nobile – unter großen dramatischen Gesten eine Arie, während in den obersten Stockwerken graue, triefnasse Wäsche zum Trocknen aufgehängt wurde, offenbar in Fortsetzung einer unterbrochenen Tagesarbeit. Dabei ertönte hysterisches Schreien, Poltern und Fluchen, und eine Menge halbbekleideter Leute entquoll der ruinierten Türe. Zwei drallbusige, bildhübsche Mädchen bemächtigten sich funkelnden Auges des verwirrten Vergnügungsreisenden und zerrten ihn mit sich.

Was dann mit ihm geschah, darüber konnte er nie genaue Auskunft geben. Er habe nur das Gefühl gehabt, dass es ihm gar nicht übel erging, und einen hartnäckig immer wiederkehrenden Traum, er sei ein sanftgerittener, mittelalterlicher Damenzelter gewesen auf blumigen Auen voll lustig sprudelnder Wässerlein. Als von Yb endlich nach mehrtägigem Schlummer in dem fremden Hause erwachte, fühlte er sich zwar noch immer ein wenig mitgenommen, beschloss aber trotzdem sofort aufzubrechen und einen Trip durch das schöne Genua zu machen.

Zu seinem Erstaunen wollten ihn aber die beiden Mädchen nicht eher fortlassen, bis er eine bestimmte Summe bezahlt habe, die sie ihm mit hurtigen Fingerbewegungen vorrechneten, eine Summe, die ihm eigentlich ein wenig hoch erschien. Er suchte in seinen Rocktaschen nach der wohlgefüllten Brieftasche, fand aber zu seiner unangenehmen Überraschung nichts vor, rein gar nichts.

Die lieblichen Mienen seiner beiden Schlafgefährtinnen verdüsterten sich mit einem Schlage und machten sachlichstem Ernste Platz. Der korrekte Yb wollte sofort aufbrechen, um Geld aus seinem Hotel zu holen, sah sich aber zu seinem Entsetzen von den beiden graziösen Geschöpfen, die auf einmal Riesenkräfte entwickelten, festgehalten. Ja, es kam noch schlimmer: Mit aufgekrempelten Ärmeln schleppten sie den gänzlich Fassungslosen eine dunkle Stiege hinab und sperrten ihn in ein dumpfes Kellergelass, in dem es ganz infam nach kranken Hühnern roch.

Was sie ihm noch ins Gefängnis nachriefen, klang so wie „Zechpreller“. Das heißt, ganz genau so lautete der Ausdruck nicht. Nicht eher käme er ans Tageslicht, bis er die Schuld beglichen habe! Er habe an seinen Wiener Bankier zu schreiben, was sie ihm diktieren würden. Damit verschwanden sie und überließen ihn den bittersten Gedanken.

Auch den geduldigsten Phlegmatiker kann in einem aufgelassenen Hühnerstall schließlich die Verzweiflung packen; so auch unsern Reisenden, der mit bitterem Hohnlachen mehrmals täglich Goethes Worte vom „dunklen Laub, wo Goldorangen glühn“ vor sich hinmurmelte und mit irrem Blick die klobige, schimmelbedeckte Türe anstarrte, die ihn von den Herrlichkeiten Italiens trennte. Doch eines Tages, da er besonders lange gestarrt hatte, geschah ein Wunder.

Die Pforte öffnete sich, und herein trat, anmutig wie die Liebesgöttin, die Huldgestalt seiner schönen Reisegefährtin aus dem verträumten Salonwagen.

Kam mit lieblichem Lächeln dem armen Gefangenen näher, belorgnettierte ihn von oben bis unten und lächelte schweigend weiter.

Von Yb ward blutrot vor Verlegenheit und suchte nach einem Vorwand, sein Hiersein – vielleicht mit Hinweis auf architektonische Forschungen? – zu erklären. Doch die reizende Direktrice nahm ihm das Wort vorweg, und was sie ihm sagte, war angetan, ihn in den Himmel zu erheben – vorerst. Denn was dann nachkam, war der Sturz in die Hölle, war geeignet, das Blut in seinen Adern zu Eis erstarren zu lassen.

Zu ihrem tiefsten Bedauern habe sie – so ungefähr war der Sinn ihrer Rede – auf der Suche nach neu zu engagierendem Chorpersonal von der misslichen Lage eines Fremden von Distinktion gehört und durch das Schlüsselloch ihren Reisegefährten von damals erkannt. Sie sei gekommen, ihn zu befreien, ja noch mehr, ihm den heißesten Wunsch seines Lebens zu erfüllen! Nein, nicht die Hand – nein, aber das Plätzchen in ihrer Nähe, um das er so innig gebeten. Also, sie engagiere ihn. Hier sei der Kontrakt, er brauche nur zu unterschreiben. Dann allerdings sei er verpflichtet und gehöre ihr für den Rest seines Lebens.

„Holder Satan, dein bin ich!“, rief der begeisterte Yb und ließ sich auf ein Knie nieder. „Aber sage mir, Holde, wie kann ich dir dienen? ... bin ein angesehener Privatgelehrter, Ehrendoktor dreier amerikanischer Universitäten, Kollege des Präsidenten ... aber weder Sänger noch Mime.“

Darauf sie: „Herr Doktor, habe für Sie so etwas wie eine – wie soll ich mich gelehrt ausdrücken? – eine Art atellanische Rolle: Sie wissen, bei uns im Süden liebt man es, die Zwischenakte bluttriefender Tragödien mit heiteren Zwischenspielen zu beleben. Die Folterszenen in der ‚Tosca‘ habe ich zum Beispiel unter begeistertem Beifall auf die offene Szene verlegt – wird jedes Mal da capo verlangt –, und dann muss natürlich des dramatischen Effektes wegen was Lustiges kommen! Aber langes Herumreden in Geschäften liebe ich nicht! Sie haben die Zwischenakte als sogenannter ‚Agostino stupido‘, als dummer August zu beleben!“

Von Yb war einen Moment wie erstarrt. Er glaubte nicht recht vernommen zu haben. „Dummer August! unannehmbar! bedenken Sie, Kollege des Präsidenten!“

„Schön“, replizierte der feenhafte Besuch, „schön, also bleiben Sie hier bis ans Ende Ihrer Tage, oder richtiger, bis ans Ende Ihres Vermögens, denn dann werden Ihre beiden hübschen Freundinnen Sie sowieso verschwinden lassen, wie so manchen Lustreisenden in dieser finstern Stadt, voll von Geheimnissen. Das muss Ihnen doch klar sein. Ich hätte Sie ausgelöst und mit mir genommen. Doch jetzt adieu!“ Und sie wandte sich zum Gehen.

Da überkam den unglücklichen Yb hoffnungsloses Entsetzen. Ruckartig sträubten sich seine Haare bei dieser grauenhaften Perspektive, die ihm die katzenhafte Direktrice gemalt. Verzweiflungsvoll rief er die Schöne zurück, die ihm lächelnd das Papier reichte. Er unterschrieb.

Etwas wie ein innerer Donnerschlag zerriss sein Gehirn.