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Rauhnächte

Wunderbares für eine besondere Zeit

Herausgegeben und mit einem Vorwort von Harald Krassnitzer

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Typografische Gestaltung, Satz: Lanz, Wien

Lektorat: Jessica Beer

ISBN ePub:

978 3 7017 4648 4

ISBN Printausgabe:

978 3 7017 1739 2

Inhalt

Harald Krassnitzer

Rauhnächte – ein persönliches Vorwort

Die Rauhnächt

So geschah es zur Rauhnacht

Der Rauhnachtspuk

Der arme Tischler und der Herr des Waldes

Albenkönigin Hildur

Das Weitwiesenweiberl oder Die Fahrt über den Königsee

Anton und die sprechenden Pferde

Ein Reiter in den Zwölften

Frau Holles Apfelgarten

Der Diakon auf Myrká

Der Ritter am Rackasee

Die beiden Wildschützen

Der Tanz in Hruni

Der Wode

Dumm-Maras Verwandlung

Knecht Ruprecht

Die Abenteuer des kleinen Wigg am Weihnachtsabend

Der Nusskaspar

Frau Frigg im märkischen Heideland

Seltsame Erscheinungen

Die Wilde Jagd und das Bierfass

Der Geizige und der Geist

Das ausgeblasene Licht

Die stolze Anna von Schleching

Die Trolle und der Koboldjunge

Alfred Smedberg

Die übergossene Alm

Die weiße Gams

Die Katze auf dem Dovreberg

Peter Christen Asbjörnsen, Jörgen Moe

Von der Magd zur Bäuerin

Tungustapi

Der dreizehnte Perchtenläufer

Manfred

Urs Faes

Textnachweis

Danksagung

Harald Krassnitzer

Rauhnächte – ein persönliches Vorwort

imageie heißen Innernächte, Glöckelnächte, Unternächte, Losnächte oder schlicht nur die Zwölften, was uns bereits einen Hinweis auf die Dauer dieses in vielen europäischen Volkskulturen verankerten Brauchtums gibt: Zwölf Nächte, vom 25. Dezember bis zum 6. Jänner, dauert eine Zeit, die aus dem üblichen Jahresablauf herausgehoben ist. In Schweden nennt man sie Jul-Festen, in Frankreich ist die »Chasse Hennequine« ein fester Bestandteil der Rauhnächte, bei uns wurde sie wiederum die »Wilde Jagd« genannt und in der Schweiz »Wutesheres«; in Griechenland schließlich kommen in diesen mystischen Nächten die »Kalikanzari« auf die Erde, bösartige Kobolde, die am Weltenbaum sägen. Die Quellen der Rauhnächte mit ihrer »Wilden Jagd« führen uns zurück bis in die vorchristliche Zeit der Kelten, zu den nordischen Sagen der Isländer und Skandinavier, aber auch in die Antike. Allen Überlieferungen gemeinsam ist ein Stichtag, der 21. Dezember, die Wintersonnenwende, die längste Nacht des Jahres und zugleich der kalendarische Beginn des Winters.

Ich selbst neige dazu, diesen Winterbeginn immer wieder zu vergessen oder zu verdrängen, weil ich um diese Zeit eigentlich schon wieder die Nase voll habe von der Lichtlosigkeit, der Kälte und dem feuchtklammen Wetter. So beginnen viele bereits im Jänner, den Kalender fürs neue Jahr zu studieren, ob nicht der nächste 21. Dezember auf einen Freitag fällt, dann müsste man die Kinder nicht aus der Schule nehmen und könnte früher in wärmere und sonnendurchflutetere Gefilde fliehen, um sich so per Langstreckenflug dem Zyklus der Finsternis und der Kälte zu entziehen. Eine Kulturtechnik der jüngeren Art, von der wir nicht wissen, ob sie sich noch lange halten wird, weil sie uns gerade gehörig auf den Kopf fällt …

Als die europäischen Gesellschaften im Wesentlichen noch agrarisch geprägt waren, war es natürlich nicht möglich, sich mal eben wegzubeamen, wenn es zu »rauh« wurde, die Menschen haben sich arrangiert oder, besser gesagt, mit den jahreszeitlichen Zyklen gelebt, man konnte diese Zyklen lesen und verstehen und hat seine tägliche Arbeit und sein Leben nach ihnen ausgerichtet. Und an den Wendepunkten dieser Zyklen, die sich nach dem Lauf der Sonne richteten, wurden Freiräume oder, wie wir heute salopp sagen würden, Time-out-Zonen geschaffen und damit Zeiten, um zu feiern, zu danken, zu hoffen – und auch, um sich zu fürchten.

Wesentliche Momente waren (und sind) der 21. März – die erste Tagundnachtgleiche im Jahr – mit dem Frühlingsbeginn, der auf die kommende Fruchtbarkeit des Jahres verweist; der 21. Juni, die Sommersonnenwende, die uns mit dem Kürzerwerden der Tage die Vergänglichkeit bewusst macht; der 23. September – die zweite Tagundnachtgleiche des Jahres – mit seinen Fruchtbarkeitsritualen; und der 21. Dezember mit der Wintersonnenwende, die die Rückkehr des Lichts ankündigt und den eigentlichen Beginn der Rauhnächte markiert. Das Christentum hat diese archaischen Strukturen genutzt, um sein Narrativ in den europäischen Gesellschaften zu festigen, und so finden wir jetzt an diesen strategischen Stellen neben den ursprünglichen Bedeutungen das Osterfest, Fronleichnam, das Erntedankfest und natürlich die Geburt des Lichtbringers und Erlösers. Und – wie sollte es anders sein – die Kirche hat natürlich auch über fast alle Auszeit-Zonen die Deutungshoheit gewonnen. Aber eben nur fast, denn neben der machtvollen Erzählung von Christi Geburt haben sich gerade in den Rauhnächten viele der heidnischen Rituale und Protagonisten erhalten. Neben Wotan (oder, je nach Kulturkreis, dann auch wieder Odin) wurden noch dutzende Anführer der »Wilden Jagd« benannt. Begleitet von einem Totenheer und den skurrilsten Fabelwesen, jagen sie unheilverkündend mit lautem Gebrüll, Jammergeschrei und Donnergrollen durch die Lüfte. Und waren doch nichts anderes als die Versinnbildlichung der bedrohlichen Winterstürme. Neben den wilden Gesellen gibt es weibliche Hauptdarstellerinnen, die an Bedeutung und Energetik den männlichen um nichts nachstehen. Im österreichischen und süddeutschen Raum die Frau Perchta, die in Mittel- und Norddeutschland zur Frau Holle wird. Es gibt unzählige Regeln in den Rauhnächten, an die man sich zu halten hat und deren Überschreitung strengstens sanktioniert, deren Erfüllung aber auch reichlich belohnt wird. Zwerge treffen wir, die ihren nordischen Kollegen, den Kobolden, an Listigkeit und Hinterfotzigkeit um nichts nachstehen. Trolle, Elfen, Wald- und Berggeister, Dämonen jeglicher Art bevölkern die Szenerie. Gevatter Tod ist, was er ist: unbarmherzig und endgültig. Und natürlich wird auch die christliche Mythologie miteingebunden, in Gestalt ihres größten Schurken, des Teufels, der, wie sollte es anders sein, für sittenwidrigste Verträge zuständig ist. Neben den Erzählungen rund um das unheilvolle und manchmal auch gütige und großzügige Treiben der Geister und Dämonen ist das Orakel der zweitwichtigste Narrativ der Rauhnächte: Vom Hausschuh-(vulgo Patschen)-werfen bis zum Blei- oder Wachsgießen wurde jede Veränderung oder Erscheinung in der Natur dazu genützt, um Hinweise für den glücklichen Verlauf des kommenden Jahres zu erhalten. Tiere konnten in bestimmten Nächten sprechen und verkündeten den Tod eines Angehörigen der Hofgemeinschaft. Übel war nur, wenn man diese Verkündigungen heimlich mit anhörte, dann war man nämlich selber dran.

Dieses unendliche Reservoir an Geschichten zur Bewältigung von Ängsten und Erfüllung von Hoffnungen und Träumen hat mich in meiner Kindheit fasziniert. Wer wie ich am Fuße des Untersbergs in Salzburg aufgewachsen ist, war vertraut mit den regionalen Vertretern der »Wilden Jagd«: Vorpercht, Hexe, Habergeiß, Moosweib, Rabe, Riese Abfalter, Saurüssel, Baumpercht, Bär, Bärentreiber und Hahnengickerl. Diese Gruselgeschichten waren für mich eine Art Einstiegsdroge in die griechische Mythologie und Sagenwelt und dann später in die großen Erzählungen von Homer und Ovid. Der esoterische Aspekt der Rauhnächte hat mich hingegen nie sonderlich interessiert. Der kultur- und sozialanthropologische Ansatz ist da für mich schon reizvoller. Wie bewältigen Menschen ihre Lebenswelten, welche Techniken entwickeln sie, wie setzen sie sich in Bezug zur Natur? Zwölf Nächte nehmen wir uns Zeit, um auf das lang ersehnte Licht am Ende des Tunnels zuzugehen, das alte Jahr zu verarbeiten und das neue mit Hoffnung vorzubereiten. Wir tun dies mit dem simpelsten Mittel, das uns zur Verfügung steht, mit einfachen Geschichten von den Ängsten, den Sorgen, der Liebe, der Wut, dem ganzen Spektrum des menschlichen Daseins.

Vor ein paar Jahren habe ich mir nach langer Zeit wieder einmal einen Film von Luis Trenker angesehen, »Der verlorene Sohn«, und das eigentlich nur, weil darin eine Sequenz vorkommt, die zu den berühmtesten der deutschen Filmgeschichte wurde: eine Überblendung von den Dolomiten auf die Skyline von New York.

Am Ende dieses Films spielt die geschnitzte Maske eines Rauhnacht-Sonnenkönigs eine entscheidende Rolle. Diese Maske war bereits im ersten Drittel des Films aufgetaucht. Ein wohlhabender amerikanischer Tourist kommt in die Werkstatt eines Holzschnitzers in einem kleinen Südtiroler Dorf, um sich dessen Arbeiten anzusehen, in der Hoffnung, ein Souvenir zu finden. Dabei entdeckt er in einer Ecke der Werkstatt die Maske des Sonnenkönigs und erkundigt sich sofort nach dem Preis. Der Holzschnitzer teilt ihm höflich mit, dass diese Maske unverkäuflich sei. Sie sei ein Unikat, das seit Generationen im Besitz des gesamten Dorfes ist, und ein besonderer Bestandteil eines Rituals während der Rauhnächte. Jedes Jahr wird diese Maske an einen anderen Bauernhof weitergegeben und dieser hat dann die Aufgabe, das Fest und die Feier zur Rauhnacht auszurichten und das Dorf einzuladen. Der amerikanische Kunde bleibt hartnäckig und bietet eine hohe Summe, wenn ihm der Handwerker die gleiche Maske nachschnitzt. Und der Holzschnitzer willigt ein. So weit die Geschichte. Entscheidend ist, dass hier ein Prozess der Reproduktion eines Gegenstandes beginnt, der seinen Wert in der Einzigartigkeit hat. Ab dem Zeitpunkt der Reproduktion verliert das Original an Wert. Das Duplikat wird in New York an der Wand eines riesigen Penthouses hängen. Als Dekorationsgegenstand. Hübsch, aber sinnentleert, weil die Maske nicht mehr ihrem eigentlichen Zweck zugeführt wird. Sie bleibt reduziert auf das Verfügbare. Vielleicht hat der Schnitzer mittlerweile schon hunderte weitere Masken verkauft, vielleicht lässt er diese Masken mittlerweile irgendwo in Asien produzieren, millionenfach. In einer Welt, in der alles zu jeder Zeit verfügbar ist, in der alles berechenbar sein muss, den Kriterien der Effizienz und der Massenproduktion unterworfen wird, verschwindet das Besondere, das Einzigartige, und das Ritual wird zur Folklore.

Ich glaube nicht, dass wir zu archaischen agrarischen Gesellschaftsformen zurückkehren müssen, aber es würde uns guttun, ein paar Techniken von damals zu übernehmen. Die Auszeit der Rauhnächte ist eine davon, und sie ist, wie der Schweizer Autor Urs Faes zeigt, heute immer noch lebendig. In diesem Sinne: Willkommen in der Time-out-Zone und viel Spaß beim Lesen!

Die Rauhnächt

imageie Rauhnächte oder Unternächte sind die Nächte vom St. Thomasabend (21. Dezember) bis Heiligendreikönig, nach anderen vom Christabend bis Heiligendreikönig. An den Vorabenden des St. Thomastages, des Christfestes, des Neujahrstages und des Dreikönigfestes (20., 24., 31. Dezember, 5. Jänner) rauchte (räucherte) man alle Räume des Hauses mit Weihrauch und besprengte sie mit Weihwasser, um sie zu segnen und dadurch die Hexen und bösen Geister zu vertreiben, denn die Unternächte sind die Zeit, in welcher die Geister ungescheut umgehen und ihr Wesen treiben.

Wenn die kleine Prozession von ihrem Rundgange in die Stube zurückgekehrt ist, knien alle nieder und beten, worauf die Männer ihre Mützen, die Weiber ihre Kopftücher über den Rauchtopf halten und dann rasch das Haupt bedecken: Das gilt als Mittel gegen Kopfleiden. Nun ist alles im Hause geweiht (gesegnet), selbst der Kehricht. Dieser darf daher diesmal nicht weggeworfen werden. Man streut ihn auf das Kornfeld, um es vor Schauer zu bewahren. Unter’n Nachten – das sind die Nächte vom Christabend bis Heiligendreikönig – soll man nicht umtümmeln, nämlich keine Türe zuhauen, nicht hämmern, hacken, kurz nichts Lärmendes tun, damit man das schlafende Jesukind nicht aufwecke. In den Unternächten darf man nicht spinnen, sonst liefert man der Haupthexe Hertha das Garn, womit sie die Leute fängt und fortschleppt. In den Unternächten sollen die Bäume bocken oder remmeln, das heißt, da soll sie der Wind bis in die Wurzel hinab riegeln, damit sie sich befruchten. Dann gibt es im nächsten Jahre viel Obst.

In den Rauhnächten kann man durch Losen und Lößeln die Schicksale des nächsten Jahres erkunden. Der Sinn des Namens Rauhnächte und Unternächte ist dem Volke nimmer bewusst. Die meisten meinen, der Name käme vom Räuchern her. Manche aber sagen, der Name müsse etwas anderes bedeuten, da man ja nicht Rauchnächte, sondern Rauhnächte sage und nur in drei oder vier Rauhnächten »rauche«, während alle Nächte vom 21. Dezember bis 6. Jänner Rauhnächte heißen.

In den Rauhnächten können mutige Leute durch Losen (oder Lisna, Lismen) die Schicksale des nächsten Jahres erkunden. Man lost auf Kreuzungen, Friedhöfen, an Bächen, unter Schwarzkirsch-, Kriecherl-, Weichsel-, Zwetschkenbäumen und in der Weihnacht auch an Stalltüren.

Das mundartliche Wort losen heißt nicht nur lauschen, sondern auch lauern, was das Lauschen und Lauern auf Vorzeichen bedeute. Das von Zaubersprüchen begleitete Schütteln der Bäume beim Losen erinnert an das von Runensprüchen begleitete Schütteln der Runenstäbe (Baumzweige) beim Losen oder soll den raunenden Windgott regen.

Wer lisna oder lisma will, darf neun Tage vorher nichts beten, kein Weihwasser nehmen und muss abends nach dem Gebetläuten schweigend und ohne sich umzusehen auf einen Kreuzweg oder unter einen Schwarzkirschbaum gehen. Wer sich dabei umsieht, erhält von unsichtbarer Hand eine solche Ohrfeige, dass man die fünf Finger in seinem Gesichte sieht. Es können auch mehrere Personen von ungerader Zahl mitsammen lisna gehen. Der Lisna darf sich aber durch nichts von seinem Standorte verschrecken lassen; sonst erhält der böse Feind Macht über ihn.

Dann hört und sieht der Lisna durch teuflischen Spuk, was während des neuen Jahres im selben Orte Merkwürdiges geschehen wird. Hört er zum Beispiel Musik, so bedeutet das Hochzeit. Hört er beten oder weinen, so bedeutet das einen Todesfall. Aus der Richtung des Schalles oder aus der Gestalt der Wolken und höllischen Schemen erkennt er, wen es angeht.

In manchen Gegenden rufen heiratslustige Mädchen in der Christnacht dreimal die laute Frage hinaus, was für einen Mann sie bekommen werden. Aus dem folgenden Schalle schließen sie auf die Zukunft. Ein Schuss kündet einen Jäger, ein daherfahrender Wagen einen Fuhrmann, ein knarrendes Tor einen Bauern als Zukünftigen.

So geschah es zur Rauhnacht

imagen der Mettennacht wird das Vieh um Mitternacht im Stall unruhig und erhebt sich vom Lager, um seine Freude über die Geburt des Heilandes auszudrücken. Ochsen und Pferde reden sogar und weissagen.

Einem Braunauer Bauern, der sich zu dieser Zeit unter den Pferdebarren legte, verkündeten seine Pferde, dass sie ihn bald auf den Freithof führen würden. Und so geschah es auch.

Ein Mann in der Naarner Gegend belauschte auch seine zwei Rösser in der Mettennacht, indem er sich hinter dem Barren versteckte. Da hörte er das eine Pferd sagen: »Nächsts Jåhr stirbt unser Herr, den müassn ma auf an schwarn Leichenwågen ziagn!« Von der Stunde an wurde der Bauer trübsinnig, weinte und wurde immer kranker. Er starb und die beiden Pferde konnten den Leichenwagen kaum vorwärtsbringen, so schwer war er.

Der Griesacker, ein Bauer im oberen Mühlviertel, belauschte auch die Tiere während der Mette. Ein Ochs sagte: »Bald ziehen wir unsern Bauern ins Griesloch!« Am Morgen fand man den Bauern als Leiche. Als man diese auf den Freithof bringen wollte, gingen die Ochsen durch und brachten sie ins Griesloch, einem verrufenen Platz im Böhmerwald.

Bauer und Bäuerin blieben von der Mette daheim. Der Bauer legte sich unter den Futterbarren und hörte, wie um Mitternacht ein Ochse sagte: »Im Sommer wird sich unser Bauer beim Krautessen erwürgen.« Der zweite Ochse fügte bei: »Und wir zwei werden ihn zum Friedhof ziehn!« Der Bauer ging in die Stube und erzählte es der Bäuerin, er musste ihr versprechen, keinen Löffel Kraut mehr zu essen. Einmal im Sommer aber vergaß er sich, schon beim ersten Löffel verschluckte er sich und erstickte.

Als einmal ein Bauer in Oberweis zur Mettenzeit im Stall loste, sagten die Ochsen: »Nächsts Jåhr trågn mán aui!« Der Bauer wollte sie Lügen strafen und verkaufte sie dem Nachbarn. Er starb aber wirklich im nächsten Jahr und vom Nachbarn mussten die Ochsen ausgeliehen werden, um ihn auf den Friedhof zu führen.

Auch ein Innviertler Bauer, der während der Mette unter der Futterkrippe horchte, wollte es seinen beiden Ochsen nicht glauben, dass sie ihn bald in den Friedhof tragen würden. Er verkaufte die Tiere um einen Gulden. Kurz darauf raffte eine Seuche Menschen und Vieh fort. Der Bauer starb und die beiden Ochsen, die vom Vieh allein noch übrig waren, zogen ihn zu Grab.

Ebenso erging es einem Welser Bauern, der seine zwei jungen Hengste zur Mettenzeit sagen hörte, sie würden ihn bald auf den Friedhof bringen. Er gab sie an einen Wiener Händler ab, von ihm kaufte sie aber der Nachbar ahnungslos auf dem Welser Markt. Bald traf den Bauern der Schlag und die Nachbarspferde brachten ihn auf den Friedhof.

Zwei Buben horchten in der Mettennacht beim Stall, in dem ein kranker Ochs war. Dieser sagte um Mitternacht zum andern Ochsen: »Mitten im Heustock ist eine Distel, wenn ich die zum Fressen bekomm, werde ich wieder gesund.« Die Buben liefen voll Schreck in die Stube und erzählten es, dann aber fielen sie tot zusammen.

Ein Bauer legte sich in der Mettennacht unter den Barren. Um Mitternacht sagte ein Ochs zu einer Kuh: »Warum bist du denn so traurig?« Die Kuh antwortete: »Weil der Bauer noch in dem Jahr sterben muss.« Der Bauer entsetzte sich darüber so, dass er am nächsten Tag wirklich starb.

Ebenso fand man eine Bäuerin am nächsten Morgen vom Schreck getötet, die während der Mette im Stall gelauscht und gehört hatte, wie ein Rind sagte: »Der Bauer wird bald ohne Bäuerin sein!«

Ein andermal horchte ein Knecht in der Mettennacht im Stall und hörte, wie ein Ochs zum andern sagte: »In den nächsten Tagen werden die Hausleute saure Suppe essen, da wird sich der Bauer beim dritten Löffel an einem Beinschiefer erwürgen.« Als ein paar Tage darauf saure Suppe auf den Tisch kam, passte der Knecht auf und schlug dem Bauern den dritten Löffel aus der Hand. Er sah genau nach und wirklich fand er den Schiefer. Dadurch hatte er den Bauern gerettet.

Eine alte Frau war ganz vereinsamt, Mann und Kinder ruhten längst am Friedhof. Es war ein paar Tage vor Weihnachten, sie legte sich recht zeitig nieder, um früh am Morgen nach Taufkirchen in die Messe zu gehen. Als sie erwachte, war es hell in der Stube, sie stand auf, verrichtete ihre Früharbeit und ging dann zur Kirche. Alles war ruhig, niemand begegnete ihr. Von Weitem aber sah sie schon die Kirche hell erleuchtet, die Orgel klang. An den Altären brannten wie an Feiertagen alle Lichter. Mit gesenktem Haupt eilte sie nach ihrem gewöhnlichen Platz und betete. Nach einer Zeit sah sie auf, da wurde ihr aber angst und bange. Sie erkannte lauter Bekannte, die alle schon gestorben waren. Eine Gevatterin rief ihr freundlich zu: »Gevatterin, mach dich eilig auf den Heimweg, schau dich aber dabei nicht um, sonst zerfällt dein Leib in Staub!« Voll Schreck eilte die Frau davon und wagte es nicht, sich umzusehen. Als sie heimkam, hörte sie es vom Kirchturm ein Uhr schlagen, da wusste sie, dass sie im Gottesdienst der Toten gewesen war.