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JEREMY TIANG

DAS GEWICHT DER ZEIT

ROMAN

AUS DEM ENGLISCHEN ÜBERSETZT VON SUSANN URBAN

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© Jeremy Tiang, 2017

Die englische Originalausgabe ist unter dem Titel »State of Emergency«
bei Epigram Books Singapore erschienen.

© 2020 Residenz Verlag GmbH

Salzburg – Wien

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

www.residenzverlag.at

Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten.

Keine unerlaubte Vervielfältigung!

Umschlaggestaltung: Thomas Kussin / buero 8

Typografische Gestaltung, Satz: Lanz, Wien

Lektorat: Jessica Beer

ISBN ePub:

978 3 7017 4632 3

ISBN Printausgabe:

978 3 7017 1728 6

Für meine Eltern
Helen und Victor Samuel

Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber,
dass der »Ausnahmezustand«, in dem wir leben,
die Regel ist
.

WALTER BENJAMIN,
ÜBER DEN BEGRIFF DER GESCHICHTE

Inhalt

1 – Jason

2 – Siew Li

3 – Nam Teck

4 – Revathi

5 – Stella

6 – Henry

Danksagung

Glossar

1

JASON

Mollie Remedios starb bei der Explosion, die am 10. März 1965 das MacDonald House zerstörte. Sie saß an ihrem Schreibtisch bei der Hong Kong and Shanghai Bank und addierte Zahlenkolonnen, als die Wand hinter ihr einstürzte und gleich darauf die Decke. Ihre Lunge wurde perforiert, sie erlitt mehrere Rippenbrüche und eine Schädelfraktur, die augenblicklich zum Tod führte. Sie war vierundzwanzig Jahre alt.

Außer Mollie gab es drei weitere Opfer – zwei Mädchen, die im selben Büro arbeiteten (die Zeitungen sprachen von »Mädchen«, obwohl eine von ihnen fast vierzig und geschieden war), sowie ein Fahrer der Borneo Malay Building Society nebenan, der von einem herabfallenden und mit Karacho durch sein Wagendach schlagenden Abflussrohr schwer verletzt wurde. Dreiunddreißig weitere Personen wurden ins General Hospital gebracht, und sieben von ihnen dort mit schweren Verletzungen stationär behandelt.

Die Gesichter der drei toten Frauen, auf unspektakuläre Weise hübsch, erschienen am nächsten Tag auf den Titelseiten sämtlicher Zeitungen. Mollies tragisches Schicksal wurde hervorgehoben, weil sie so jung und vielversprechend gewesen war, erst vor Kurzem geheiratet hatte und ein Baby hinterließ. Der Fahrer lag fünf Tage lang bewusstlos im Krankenhaus, bevor er starb, und bekam daher weniger Aufmerksamkeit ab.

Mollies Bruder Jason saß in seinem Büro am Connaught Drive, als wenige Minuten nach der Explosion zum ersten Mal im Radio darüber berichtet wurde. Sämtliche Gespräche erstarben. Jason raste nach unten, sprang auf sein Rad, strampelte am Padang vorbei, die Penang Road entlang. Als er sich dem roten Backsteingebäude näherte, wurde der Verkehr dichter, weil viele gaffend anhielten; einige Autos waren mitten auf der Straße abgestellt worden.

Der Regen verwischte den Anblick zum Traum. Auf dem Gehweg standen Angestellte der Bank, sie waren gefasst, viele von ihnen bluteten aus kleineren Verletzungen.

Die großgewachsenen weißen Männer von der Australian High Commission, die ihre Räumlichkeiten oberhalb der Bank hatte, sahen unverletzt, aber umso wütender aus. Sanitäter versuchten die Blutung auf der Stirn einer hageren alten Dame zu stillen, die auf einer Trage lag. Von außen wirkte das Gebäude unbeschädigt, bis auf die dunkel klaffenden Fenster, aus denen Glasscherben bis zu dreißig Meter weit geflogen waren.

Ein Polizist in Khakishorts stellte sich Jason in den Weg, als dieser sich dem Gebäude nähern wollte. »Stop«, er packte ihn so heftig an der Schulter, dass Jason beinahe vom Rad gestürzt wäre, »no entry permitted.« Er rang mit den englischen Wörtern. »My sister«, sagte Jason bemüht ruhig. »My sister inside.« Aber der Polizist wiederholte, als hätte er einen Text auswendig gelernt: »Awas, danger, the building is unsafe.«

Männer mit Notizbüchern und Kameras umkreisten vorsichtig das demolierte Gebäude. Leise machten Gerüchte in der Menge die Runde: Gasexplosion, Baumängel und dann immer lauter und drängender das Wort bomb.

Nachdem die Polizei das Bombengerücht widerwillig bestätigt hatte, bildeten die Reporter vor den beiden funktionierenden Telefonzellen Schlangen und die Fotografen rasten im Taxi davon, damit ihre Bilder noch vor Redaktionsschluss entwickelt werden konnten. Ihnen allen schien bewusst zu sein, dass die Geschichte, die sie schreiben würden, Eingang in die nationale Mythologie fände. Das war der bisher schlimmste Zwischenfall in der Konfrontasi, der Konfrontation mit Indonesien. Sukarno zog die Daumenschrauben an, und die Reaktionen konnten nicht ausbleiben.

Polizisten schwärmten aus, um Plünderungen zu verhindern. Jason klammerte sich an sein Fahrrad, wiederholte unausgesetzt »my sister, my sister«, bis sie ihn in Ruhe ließen. Bald war er der Einzige auf dem schwarzen Meer der regenglatten Straße, zu seinen Füßen lagen funkelnd wie Sterne Glassplitter. Die britischen Bombenräumer hatten ihren Auftritt, Männer mit mutigen Stimmen. Sie wirkten souveräner als die örtliche Polizei, aber sehr viel mehr, als die Umgebung des Gebäudes mit Fähnchen zu markieren und eindringlich in ihre Walkie-Talkies zu sprechen, konnten sie auch nicht tun. Sie hörten sich an wie aus einem Film.

»Wo sind denn alle? Wo sind die Überlebenden?« Jason griff nach den Armen der Uniformierten, fragte zuerst auf Englisch, dann auf Malaysisch. Achselzuckend deuteten die Polizisten auf die Menschenmenge. In der herrschenden Unordnung erstellte niemand Listen mit den Namen der Überlebenden. Da waren zu viele – Menschenmeere, wie es im Chinesischen heißt. »Ist da noch jemand drin?« Niemand wusste die Antwort. Rettungskräfte schafften schubkarrenweise Schutt aus dem Gebäude, räumten große Betonbrocken weg.

Als sie anfingen, Leichen herauszutragen, wusste er Bescheid. Er versuchte, näher heranzukommen, die verhüllenden Decken wegzureißen, doch immer wieder stellte sich ihm jemand in den Weg. »Go to the hospital«, hieß es. »Not here, not in the open.«

Niemand bot an, ihn mitzunehmen, daher radelte er wieder durch die rutschigen Straßen, die New Bridge Road entlang und in die Outram. Die Leichenhalle mit ihren kränklich grün gestrichenen Wänden befand sich im Keller.

Erst als er aufhörte zu schreien, zeigte ihm der Mitarbeiter zuerst die Leichen zweier Unbekannter und dann die seiner Schwester.

Mollies Gesicht war blutverkrustet, die vertrauten Augen waren geöffnet, aber verschleiert. Zwischen ihren schönen Zähnen Bauschuttkrümel. Der Mitarbeiter hinderte Jason daran, seine Schwester zu berühren. Zur Identifizierung müsse er lediglich nicken. Dann wurde die Leiche zur Kennzeichnung fortgebracht.

Er lehnte die Tasse Tee ab und sank im Korridor in sich zusammen. Wer würde die Kinder bei seinen Eltern abholen? Normalerweise hatte Mollie ihre Tochter schon aufgelesen, bevor er seine Zwillinge einsammelte. Er wollte etwas tun, aber die Luft drückte ihn nieder, lähmte ihn. Gern hätte er Mollie noch manches gesagt, aber sie war ja nicht mehr da. Später konnte er nicht sagen, wie viel Zeit er in diesem Keller verbracht hatte. Als er nach draußen trat, regnete es nicht mehr und die Sonne schien schwach.

Drei Tage später wurden die Bombenleger, zwei indonesische Guerillakämpfer, verhaftet, als sie auf dem Seeweg entkommen wollten. Man hatte ihnen eine Tasche der Malayan Airways übergeben, die zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Pfund Nitroglyzerin enthielt, mit der Anweisung, sie sollten damit irgendein öffentliches Gebäude in die Luft sprengen. Sie waren gegen elf Uhr gelandet und hatten nach dem Mittagessen den Sprengstoff auf einer Treppe in der imposanten Bank abgestellt.

In Jasons Erinnerung waren die Mörder kurz darauf tot, auch wenn er wusste, dass es drei Jahre gedauert hatte, bis ihre Berufung endgültig abgelehnt wurde; er hatte die Daten nachgeschlagen. Am 17. Oktober 1968 wurden sie hinter den hohen Mauern des Changi Prison gehängt. Wie viele andere stand Jason an diesem Tag vor den Gefängnistoren und wartete, bis die Flagge hochging, zum Zeichen, dass die Hinrichtung vollstreckt worden war.

Nach fünfzig Jahren ist Jasons Rachebedürfnis mittlerweile stumpf geworden. Es spielt keine Rolle mehr, was diese Männer taten, warum ihre Führer ihnen den Befehl gaben, ob das Attentat hätte verhindert werden können. Es spielt keine Rolle mehr, dass sie dafür bestraft worden sind. Wenn seine Schwester nur nicht gestorben wäre, wenn Mollie sich an diesem Tag in einem anderen Raum aufgehalten, wenn sie früher Teepause gemacht hätte, dann wäre dies vielleicht auch seine Rettung gewesen. Wenn er auf seinem Eisenbett liegt, wohlwissend, dass er bald sterben wird, denkt er manchmal an Mollie und fragt sich, ob sie voller Angst war oder gelassen, als sie aufblickte und die Welt um sie herum plötzlich einstürzte.

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In den ersten Minuten nach dem Aufwachen kann sich Jason Low nicht erinnern, wo er sich befindet. Es ist nicht zwangsläufig schon Morgen, immer seltener sogar, denn er braucht mittlerweile so wenig Schlaf. Er liegt da im Dämmerlicht vor Tagesanbruch, kneift die Augen zusammen, um im Dunkeln Umrisse zu erkennen. Er hört schweren Atem, riecht Desinfektionsmittel. Als er die Hand nach seiner Frau Siew Li ausstreckt, bekommt er nur das Bettgitter zu fassen, und denkt kurz »Gefängnis«, bevor ihm einfällt, dass er im Krankenhaus liegt.

Weil sein Bett in einem Zimmer der dritten Klasse steht, sind dort noch sieben weitere Patienten untergebracht. Am liebsten hätte er ein Einzelzimmer, aber nach jahrelanger kostenintensiver Krankheit ist sein Versicherungskonto nahezu ausgeschöpft. Jedes Mal, wenn er zaghaft vorschlägt, in ein Privatspital zu wechseln, in ein hübsches Zimmer des Mount Elizabeth etwa, lächelt seine Tochter sparsam. Offenbar rechnet sie fest mit ihrem Erbe und betrachtet jede unnötige Ausgabe geradezu als Diebstahl an seinen Enkeln. Er könnte sich über ihre Wünsche hinwegsetzen, aber wenn er Janet vergrault, wird sie nicht mehr vorbeischauen, und er bekommt überhaupt keinen Besuch mehr. Allmählich dringt Licht herein und die grauen Wände nehmen ihre kotzgrüne Tagesfarbe an. Neben ihm schnarcht Madam Ngoh mit offenem Mund und ruft im Schlaf nach ihren Kindern, die nicht da sind. Obwohl sie keine Gemeinsamkeiten haben – sie spricht kaum Englisch –, ist er doch auf sie angewiesen. Beide sind auf unabsehbare Zeit hier, Überlebende, während die anderen Betten immer wieder von neuen Durchreisenden belegt werden, Dilettanten, die mit grauem Star hereinrauschen und ohne hinaus. Heutzutage muss man wegen eines Nierensteins nicht einmal mehr aufgeschnippelt werden, das erledigt ein Laser, ohne auch nur die Haut zu ritzen.

Heute ist keines der Betten durch einen Vorhang abgeschirmt, ein gutes Zeichen – niemand ist über Nacht gestorben. In den zwei Wochen, seit er hier ist, hat er dreimal mitbekommen, wie eine Leiche (diskret unter Laken) aus der Station transportiert wurde. Jedes Mal warf er Madam Ngoh einen Blick zu, und sie sah genauso besorgt aus, wie er sich fühlte. Die Zeit holt uns alle, einen nach dem anderen, dachte er, wie in einem Horrorfilm.

Die Station selbst wirkt irgendwie deprimierend. Bei den Schwestern heißt sie »Geri« – »Heute bin ich auf der Geri«, sagen sie, manchmal direkt neben ihm. Er verargt es ihnen nicht, auch wenn es respektlos ist; er weiß, dass sein Gesicht eingefallen, sein Mund erschlafft ist, seine Augen trübe werden. Woher sollen sie wissen, dass unter all diesem hängenden, wabbelnden Fleisch Empfindungen wohnen? Er hat versucht, ihnen vom Gedicht »Traum des Gerontius« zu erzählen, aber sie haben keine Zeit für sein Altmännergebrabbel, sein altmodisches Beharren auf vollständigen Sätzen, gehen munter davon aus, dass er »geriatrisch« falsch ausspricht und versichern ihm, »Ja, genau da befinden Sie sich, Mr Low. Auf der Geri.«

Bevor er hier gelandet ist, mochte er diesen Teil des Tages besonders – die kühle Luft, den leichten Nebel über dem Feld unten vor der Haustür. In der Morgendämmerung machte er sich eine Tasse Tee und setzte sich an den Küchentisch, lauschte, wie die Nachbarn allmählich aufwachten. Im Krankenhaus läuft das anders ab. Schon liegt klappernde Bereitschaft in der Luft, wenn die Nachtschicht übergibt und Terrinen mit Quaker-Haferflockenbrei gefüllt auf die Servierwagen geladen werden. Er versucht, sich aufzusetzen, dabei rascheln seine Laken unnatürlich laut. Nur die teuren Stationen haben Teppichboden. Dieses Zimmer hat Fliesen, die kein Geräusch schlucken, und einen Deckenventilator.

Besonders erpicht darauf, dass der Tag beginnt, ist er allerdings nicht. Nach dem Frühstück verteilen die Schwestern die Medikamente und irgendwann am Vormittag wird er gewaschen. Wenn erst einmal die Tabletts mit den Resten des Mittagessens abgeräumt sind und er nichts mehr zu tun hat, zieht sich der Nachmittag endlos hin. In einer Ecke des Raums hängt ein Fernseher, aber er scheut sich hinzusehen – entsetzlich, wie viel Zeit mit Talkshows und Kochsendungen verplempert wird. Ob sein Gesicht genauso tot wirkt wie das der anderen, wenn sie daliegen und in die Glotze starren? Wenn er doch nur lesen könnte, aber es ist zu anstrengend, ein Buch zu halten, sich zu konzentrieren.

Wenn seine Tochter kommt, ist sie ausnahmslos bei der ersten Besucherwelle um Punkt fünf dabei. Dazu muss sie frühzeitig ihren Arbeitsplatz verlassen und lässt ihn auch immer wissen, wenn sie aus diesem Grund ein wichtiges Meeting versäumt oder einen Abgabetermin nicht einhalten kann. Am liebsten hätte er gesagt: »You didn’t have to« – aber was, wenn sie ihn beim Wort nimmt und nicht mehr kommt?

Janet ist Lehrerin – vielmehr war sie es, bevor ihre bürokratischen Talente von einem Wichtigtuer im Ministerium entdeckt wurden. Mit ihren steifen Strickjacken, der Schmetterlingsbrille und der Dauerwelle sieht sie immer noch wie eine Lehrerin aus. Jedes Mal, wenn Jason einfällt, dass seine Tochter in weniger als zehn Jahren in Rente geht, ist er verblüfft. Es kommt ihm falsch vor, dass sie alt ist.

Gelegentlich wird sie von seinen Enkelsöhnen begleitet, die eindeutig nicht freiwillig kommen und so schnell wie möglich wegwollen, ins Kino oder zu ihren Freundinnen. Mittlerweile sind sie über zwanzig, groß und wohlgenährt, und sprechen dieses grässlich monotone Englisch, das offenbar unter den Jungen üblich ist. Ganz am Anfang hatte sich Janets Ehemann verpflichtet gefühlt, sich auch blicken zu lassen, doch er ist sehr damit beschäftigt, die Menschen in seinem Wahlkreis für sich zu gewinnen, und da das Krankenhaus in einem weit entfernten Stadtteil liegt, bringt es herzlich wenig, wenn er hier auftaucht und seine wertvolle Zeit verschwendet.

Die Besuchszeit dauert bis acht, und allabendlich sitzt Janet pflichtbewusst am Bett ihres Vaters, bis die Krankenschwestern die Angehörigen zum Gehen auffordern. Manchmal erzählt sie ihm von ihrer Arbeit oder den Leistungen ihrer Söhne, aber meistens genügt es ihr, schweigend dazusitzen und irgendein Strategiepapier durchzuarbeiten, als reichte ihre bloße Anwesenheit aus. Zum Abschluss jedes Besuchs liest sie ihm aus Our Daily Bread vor, einem Heftchen mit frommen Traktaten, das ihre Kirche kostenlos verteilt. Jason hat sie daran erinnert, dass er nicht religiös ist, aber sie wischt das beiseite. Es könne nicht schaden, gelegentlich daran erinnert zu werden, wie man ein anständiges Leben führe, erklärt sie. Ohne es auszusprechen, wissen beide, dass sie denkt, wie wenig Zeit ihm noch auf Erden bleibt und wie gering ihre Chance ist, seine gefährdete Seele zu retten.

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Jasons Beamtenleben war in geordneten Bahnen verlaufen – jeder Tag glich dem vorigen möglichst aufs Haar. Seine Abteilung erwarb sich den Ruf großer Effizienz. Sitzungen fingen pünktlich an, von der Tagesordnung wurde nicht abgewichen. Projekte wurden genau zum vorgesehenen Termin abgeschlossen und blieben stets im Rahmen des Budgets. Als man ihn an seinem 65. Geburtstag mit einem Abschiedsessen in den Ruhestand verabschiedete, scherzte sogar der Minister, keiner von ihnen hätte je auf die Uhr sehen müssen, weil Jason immer dafür gesorgt habe, dass alles nach Zeitplan verlaufe. Sie schenkten ihm eine goldene Armbanduhr und eine gravierte Gedenktafel. Er hatte immer genau das getan, was von ihm erwartet wurde. War das die Belohnung dafür?

Sein jetziges Gefangenendasein fühlt sich an wie eine infernalische Version seines früheren Lebens: lange, leere Tage, durchbrochen von regelmäßigen, sinnlosen Ereignissen. Selbst Janets Besuche, die eigentlich der Höhepunkt des Tages sein sollten, haben stets etwas süßlich Beklemmendes an sich. Er weiß, seine Tochter kommt mehr aus Pflichtgefühl denn aus Zuneigung. Wenigstens an eines seiner Kinder hat er sein Pflichtbewusstsein vererbt. Er hat um Schlaftabletten gebeten, damit er den Nachmittag übersteht, aber die Schwester teilt diese nur abends aus und auch nur, wenn der Arzt zustimmt.

Das größte Problem ist sein Kopf, der ist schwach und schwammig. Er war immer stolz auf seinen klaren Verstand, aber jetzt kann er nichts mehr lange im Gedächtnis behalten. Mehr als einmal hat er die Schwester bitten müssen, ihm in ihrer Mittagspause eine Zeitung zu kaufen, weil es ihm peinlich war, nach dem Datum zu fragen. Es spielt eigentlich keine Rolle, er hat ja in absehbarer Zeit keine Termine, aber er darf nicht vergessen, wer er einmal war. Er darf nicht jemand werden, der der Welt so abhandengekommen ist, dass er nicht einmal weiß, welchen Monat man schreibt.

Auf der verzweifelten Suche nach einem Gesprächsthema fragt er Janet manchmal nach Menschen, die nicht mehr leben. How is your mother?, will er wissen. How is Auntie Mollie? Beim ersten Mal starrte sie ihn erzürnt an, als wäre er ein widerborstiger Schüler oder hätte einen schlechten Witz gemacht. Jetzt sagt sie lediglich leise: »Tot, Pa«, und spricht dann von etwas anderem, übergeht elegant die peinliche Situation.

Er weiß, dass sie tot sind, aber wie soll er ihr das erklären? Ihm ist sehr wohl bewusst, wie viel er verloren hat. Und trotzdem leben sie in ihm weiter. Er kann ihr nicht von den langen Gesprächen erzählen, die er mit den Toten führt, endlose Nachmittage lang, und dabei immer wieder zu begreifen sucht, wohin sie gegangen sind. Er kann ihr nicht verraten, dass ihn in den frühen Morgenstunden manchmal seine Schwester oder seine Frau besucht.

»Lebt in der Vergangenheit«, hörte er sie einmal am Telefon flüstern. Die Menschen verlieren in seiner Gegenwart zusehends ihre Zurückhaltung. Vielleicht glauben sie, sein Gehör lasse nach, wie alles andere auch. Im Unterschied zu ihrem Bruder hat Janet nie Zeit damit verschwendet, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, sie konzentriert sich lieber auf das, was sie ihre Ziele nennt. »Man muss wissen, wohin man will«, sagt sie gern. »Wie sollte man sonst je dorthin kommen?«

Manchmal glaubt er, das muss so sein – sein Leben, das am Schluss vor seinen Augen vorbeizieht, die letzten, sich dehnenden Momente, die alles Geschehene umfassen. Aber die Ereignisse werden nicht chronologisch abgespult, dann hätte er ihnen zumindest gut folgen können. Ständig schweifen seine Gedanken ab, er verliert sich im Nebel der Erinnerung, trifft alte Feinde, durchlebt Auseinandersetzungen, aus denen er als Sieger hätte hervorgehen sollen. Anschließend ist er eine Weile grundlos zornig.

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Jason hat viel verloren – mehr als nur den üblichen Ehrgeiz, lange zu leben, stellt er fest. In den heißen, schlaflosen Nächten macht er Listen. Seine Eltern, natürlich vor langer Zeit. Seine Schwester und seine Frau, die ihm auf unterschiedliche Weise entrissen wurden. Seinen Sohn in London, einer Stadt auf der anderen Seite der Welt. Janet, die nur sich selbst gehört. Und Mollies Mann, seinen Schwager Barnaby, er hat beschlossen, Barnaby auf die Liste der Verluste zu setzen, obwohl sie sich nie besonders nahestanden. Weg ist weg.

Er erzählt den Krankenschwestern von den vielen Menschen, die ihn verlassen haben, und sie nicken verständnisvoll und ungeduldig. Die Geri-Station ist voller Leute, die im Stich gelassen wurden, und trotz seines Kummers, seines Zorns bekommt Jason täglich Besuch von seiner Tochter. »Such a respectable lady«, raunt die Belegschaft, »and her husband an actual MP.« Was will er denn mehr, er hat doch eine so gute Tochter, die sich um ihn kümmert.

Allabendlich, wenn Janet gegangen ist, macht er eine Bestandsaufnahme seines Körpers, der oft noch angespannt ist von der Anstrengung, mit ihr im selben Raum zu sein und gemeinsam um Herzlichkeit zu ringen. Steif liegt Jason da, hört, wie die anderen Zimmerinsassen herumschlurfen und sich zum Schlafen fertig machen. Obwohl er noch fast alle Zähne besitzt, kann er sich nicht besonders häufig zum Putzen aufraffen. Er hat Zweifel, ob er so lange leben wird, bis sie ihm wegfaulen.

Den eigenen Verfall zu akzeptieren, fällt ihm schwer, auch wenn die Schwestern offenbar der Ansicht sind, mehr könne man nicht erwarten, wenn man so viele Jahre auf dem Buckel hat wie er (er ist sechsundsiebzig, was heutzutage kein Alter ist). Jason wäre gern einer dieser lächelnden Hundertjährigen, meist sind es Japaner, die in den Zeitungen ihre ausdauernd gute Gesundheit den Genen und einem Glas Brandy täglich zuschreiben, wobei ihre Augen lebhaft inmitten unzähliger Origamifalten zwinkern. Hundert scheint ein gutes Alter zu sein, auch wenn die Ärzte ihm mitgeteilt haben, er werde wahrscheinlich das Ende des Jahres nicht mehr erleben, wahrscheinlich nicht einmal das Ende des Monats (vermutlich wünschen sie sich das, dann wäre sein Bett frei, die Plätze sind knapp). Doch wahrscheinlich leben nur jene lang, die ohne Schuld und im Reinen mit sich sind.

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Er ist nicht immer ein guter Vater gewesen, das ist ihm bewusst. Zu seiner Verteidigung sei gesagt, dass es damals ungewöhnlich war, als Mann Kinder allein großzuziehen. Natürlich hatte er Hilfe, nachdem Siew Li gegangen war: von seiner Mutter (und auch von seiner Schwiegermutter, obwohl er diese nach einiger Zeit nicht mehr gern fragte, sie weinte ständig). Mollie half eine Weile, aber sie hatte selbst ein Baby, und dann war sie auch weg. Manches Mal fragt Jason sich, ob sie eine Familie geblieben wären, wenn Mollie weiterhin da gewesen wäre. Seine Gedanken wandern wohlbekannte Pfade entlang: Was, wenn Mollie nicht gestorben wäre? Was, wenn seine Kinder gemeinsam mit seiner Nichte Stella aufgewachsen wären? Er stellt sich vor, wie alle nach der Schule zusammensitzen und Marmeladebrote futtern.

Ob er sich wohl mit seinem Schwager hätte zusammentun sollen? Doch er hat nie viel Zeit für Barnaby gehabt – selbst als beide ihre Frauen verloren und innerlich zugrunde gingen, sprachen sie kaum miteinander. Barnaby war schwach, war es immer gewesen. Also zogen die beiden Väter ihre Kinder jeder für sich auf, blieben gefangen in ihrer Vereinsamung, auch dann noch, als die drei Kinder sich enger zusammenschlossen.

Janet hält ihm liebend gern vor, dass er in vielerlei Hinsicht versagt hat. Sie streut seine Versäumnisse ins Gespräch ein, als wären es lustige Anekdoten: wie der siebenjährige Henry das Abendessen verweigerte und Jason daraufhin die Suppenschale auf den Boden donnerte. Wie Jason Janets Uni-Abschlussfeier vergaß, weshalb sie kein Foto davon hat. Wie er sie beide verprügelte, weil sie ohne Erlaubnis sein Zimmer betreten hatten. Man kann heute noch die Narben sehen.

Seine Tochter ist ein unbekanntes Wesen für ihn. Sie ist eine gute Mutter – zumindest sind ihre Söhne wohlgeraten –, aber sie verschließt sich vor ihm, so wie sie es auch vor der Welt tut. Unerbittlich, gepanzert, so aalglatt und unbeirrbar, sie scheint keine Schwachstellen zu haben. Ziemlich oft, wenn er ihren energischen Schritt auf dem Stationskorridor nahen hört, ist seine erste Reaktion klaustrophobische Angst. Wann ist das passiert? Es war früher doch sicher einmal andersherum.

Henry, sein Sohn, lebt seit Jahrzehnten in London und kommt nur selten nach Singapur. Es wäre für Jason ein Leichtes gewesen, in ein Flugzeug zu steigen – vor allem angesichts der vielen preiswerten Flüge –, aber sein Sinn für Schicklichkeit sagt ihm, es wäre Henrys Pflicht, herzukommen, seine Heimat zu besuchen, und nicht die der anderen, ihn zu besuchen. Was, wenn Jason sich auf die Reise gemacht hätte und nicht willkommen gewesen wäre?

Er gestattet sich ein gewisses Bedauern. Es wäre zumindest nett gewesen, zu wissen, wie Henry lebt. Sein Sohn hat sich verwandelt, er trägt Tweedsakkos mit Lederflecken am Ellbogen und bedient sich der abgehackten Sprechweise des englischen Akademikers – er ist Geschichteprofessor an einem der weniger aufregenden Londoner Colleges. Wie ist es möglich, seine Herkunft so ganz und gar abzustreifen? Henry hat eine Wohnung in Bayswater, die sich Jason aufgrund der paar britischen Romane, die er gelesen hat, schäbig, feucht und nach Kohl riechend vorstellt. Janet war ein paarmal in London, erzählt aber kaum davon, deutet nur dunkel an, es sei erstaunlich, dass die Engländer nicht schon vor Generationen von der Cholera ausgerottet worden seien. Vieles im Leben seines Sohns bleibt ihm verschlossen. Warum hat er nie geheiratet, nie Kinder bekommen? Jason hat nie nachgefragt. Er hofft, dass sein Sohn nicht unter Folgeschäden leidet, nicht deshalb unverheiratet geblieben ist, weil er Angst hat, jede Frau könnte ihn verlassen wie die Mutter, an die er keine Erinnerung hat. Natürlich hat Jason selbst nie wieder geheiratet; weshalb, weiß er auch nicht. Er und Henry haben nie über diese Dinge gesprochen, nie über das, was wirklich wichtig war.

Immerhin unterhalten sie sich; Janet hat ihm ein Handy samt Prepaid-Karte gekauft und nun kann er mit seinem Sohn in London für erstaunlich wenig Geld telefonieren. Er traut der Sache nicht richtig, erinnert sich an die Zeiten, als man nach einem Auslandsgespräch wochenlang eine latente Unruhe verspürte, bis die Telefonrechnung kam. Sein jüngster Enkel versucht ihn immer wieder davon zu überzeugen, dass ein Anruf nach Großbritannien übers Internet nichts kostet, aber das kann ja gar nicht funktionieren und außerdem besitzt er keinen Computer.

Die Anrufe laufen stets gleich ab: Hallo und wie geht’s dir, dann betretenes Schweigen. »Was macht die Gesundheit?«, fragt Henry.

»Furchtbar«, antwortet Jason, der definitiv nicht über seine weder interessanten noch heilbaren Gebrechen reden möchte. Stattdessen fragt er nach Henrys Arbeit: »How are the students?«

»Ich unterrichte nicht nur«, sagt Henry resigniert, als hätte er diese Aussage zuvor einstudiert. Vielleicht hat er das; Jasons löchriges Gedächtnis zwingt ihn dazu, gesamte Unterhaltungen zu wiederholen.

»Ich weiß. Du bist auch mit Verwaltungskram beschäftigt. Janet übrigens auch. Kürzlich erst hat sie mir von einem Meeting erzählt, das den ganzen Nachmittag dauerte.« Während er spricht, fällt ihm ein, dass Janet seit mindestens zehn Jahren nicht mehr unterrichtet.

»Ich forsche, ich publiziere Artikel – ich bin außerordentlicher Professor. Dad, es geht nicht nur um die Bespaßung von Studenten. Für den Seminarzirkus haben wir wissenschaftliche Hilfskräfte. Ich bin Akademiker.« Henry, das hört er heraus, ist allmählich frustriert und verärgert, er hört sich an wie damals als kleiner Junge. Seine Stimme klingt gepresst, gleich wird er ausfällig werden. Wie sein Sohn wohl mit den Studenten zurechtkommt, die heutzutage bestimmt viel weniger wohlerzogen sind?

»Schreibst du auch mal ein Buch?«

»Ich habe eins geschrieben. Drei Bücher. Und dir Exemplare geschickt.«

»Die liegen irgendwo in der Wohnung. Aber ich spreche nicht von Fachbüchern. Sondern von einem richtigen Buch. Eins, das normale Leute lesen.«

»Dad –« Wieder die gepresste Stimme. Das kann nicht gesund sein.

»Ich habe in den Nachrichten mitbekommen, dass deine Studenten protestieren«, versucht er das Thema zu wechseln.

»Das machen sie eigentlich jedes Jahr. Es gibt immer irgendetwas, mit dem sie unzufrieden sind, Krieg, Regierungspolitik. Zu viel freie Zeit.« Seit je hat Henry eine entschiedene Abneigung gegen jegliche Art politischer Betätigung. Vielleicht hat ihm seine jahrzehntelange Auseinandersetzung mit Geschichte das Gefühl gegeben, dass sich im Grunde nichts ändert, man sich daher am besten bedeckt hält und seinem Alltag nachgeht. Diese Einstellung trifft bei Jason auf Verständnis.

Relativ zivilisiert unterhalten sie sich über einige Themen, die in den Nachrichten erwähnt wurden. Henry lässt seinen Frust über den Brexit-Wahnsinn ab, ein Land, das sich freiwillig von der Welt abschottet, woraufhin sein Vater meint, Singapur habe das Gleiche gemacht, wenn auch nicht freiwillig, die positiven Auswirkungen jedoch stünden außer Diskussion. Henry versucht zu erklären, die Umstände seien völlig andere gewesen, die Bevölkerung von Singapur habe kein eigentliches Mitspracherecht gehabt, aber Jasons Gedanken schweifen bereits ab. Das alles ist so lange her, es langweilt ihn. So viel Geschichtsbrimborium, vor allem kürzlich zum fünfzigsten Unabhängigkeitstag. Alle schwadronierten ständig darüber, im Fernsehen, in den Zeitungen, selbst auf der Straße. Warum? Es war damals schlimm genug gewesen, das Ereignis mitzuerleben.

Während dieser Gespräche kommt in Jason beinahe Zärtlichkeit für seinen Sohn auf. Auch wenn sie offenbar keine Unterhaltung führen können, ohne dass einer von ihnen beleidigt ist, so sind diese Gespräche doch erträglicher als die brüchige Höflichkeit, die ihn und Janet verbindet. Durch den Zeitunterschied sind die Telefonate mit Henry noch holpriger. Wenn Henry den Anruf mit »Guten Morgen« entgegennimmt, verschafft es Jason einen Hauch von Befriedigung, »Guten Abend« zu erwidern.

»Wann kommst du mich besuchen?«, quengelt Jason nun.

»Bald ist Semesterende, vielleicht dann.« Vielleicht. »Ich habe mir mal angeschaut, was die Flüge kosten, die sind ziemlich teuer.«

»Natürlich sind sie das, es ist allgemein bekannt, dass die Flugpreise im Sommer steigen. Du hättest dich früher darum kümmern sollen.«

»Ich konnte ja nicht ahnen, dass du krank wirst«, sagt Henry nicht ganz unrichtig. »Und jetzt sind wir mitten im Semester.«

»Gib mir Bescheid, wenn du dich für einen Termin entschieden hast.«

»Natürlich. Ich muss jetzt auflegen. Wir sehen uns bald.«

»Du solltest jetzt kommen. Vielleicht sterbe ich demnächst.«

»Ich habe Verpflichtungen. Du musst einfach durchhalten.«

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Siew Li und Mollie erscheinen ihm in verschiedenen Lebensaltern. Manchmal ist Mollie ein kleines Mädchen und will, dass er ihr die Räuberleiter macht, damit sie auf den Rambutanbaum hinten im Garten klettern kann. Siew Li war ein Teenager, als sie sich kennenlernten, und nicht viel älter, als sie ging – jedes Mal, wenn sie auftaucht, ist er verwundert, wie sehr sie sich verändert hat. Siew Li in ihrer Nanyang-Girls-Schuluniform, Siew Li als Braut, dann mit den Babys und sehr viel später in dieser anderen Uniform, als –

Er weiß, dass sie nicht wirklich hier bei ihm im Zimmer sind, so weit hat er seine Sinne noch beisammen. Aber wenn seine einzige Alternative darin besteht, im feuchten Nachtdunkel mit dem Husten und Stöhnen seiner Mitpatienten allein zu sein, dann kann er nicht widerstehen und gibt den beiden nach. Mollies kühle Hand auf seinen Schläfen, Siew Li, die seine Kissen so aufschüttelt und umknickt, dass sein Nacken gestützt ist. Sollen sie doch hier sein. Sollen die Toten doch wiederkehren.

Zu Anfang ihrer Beziehung gab es eine Phase, da fürchtete er, Siew Li für immer verloren zu haben. Sie hatten sich erst vor Kurzem kennengelernt und die Angst, dass ihm diese neu gefundene Kostbarkeit weggenommen werden könnte, war schrecklich. Sie war für unbestimmte Zeit inhaftiert worden – es gab keinerlei Hinweis, ob sie je freikommen würde. Es war ungerecht, sie war ein fünfzehnjähriges Mädchen, vor dem noch das ganze Leben lag. »But that’s you too«, sagten seine Freunde, »you’re young, move on.« Das konnte er nicht. Er besuchte sie weiterhin im Gefängnis.

Er hatte bislang gedacht, etwas Schlimmeres, als sie während seines Wehrdienstes nicht regelmäßig sehen zu können, würde ihm nicht zustoßen. Er erzählte seinen Eltern nichts, nur Mollie, die einigermaßen einfühlsam sein Geheimnis hütete, wofür er ihr dankbar war, auch wenn sie hauptsächlich amüsiert war, dass sich ihr gesetzter älterer Bruder endlich verliebt hatte. Sie fand es sogar ein klein wenig aufregend, dass sein Schwarm eine Rebellin war, eines dieser gefährlichen Subjekte, die laut Regierung das Land destabilisierten.

Daran hatte er nie geglaubt, sah aber auch, dass die politische Führungsriege Großartiges für das Land leistete, und die wussten bestimmt, was das Beste war. Andererseits kannte er Siew Li – oder lernte sie zumindest immer besser kennen –, und sie war nicht jemand, der etwas in die Luft jagen wollte. Die Streiks (die sie mitorganisierte) seien notwendig, sagte sie, wie sonst sollten sich die Arbeiter Gehör verschaffen? Die Geschichten, die sie ihm erzählte, waren grauenhaft. In seiner sauberen, lichtdurchfluteten Existenz hatte er keine Ahnung gehabt, wie die meisten Menschen lebten. Sie hatte wahrscheinlich recht, und trotzdem fand er, dass es nicht der richtige Weg war, Veränderungen herbeizuführen, indem man das Land mit Straßenkrawallen lahmlegte. Beide waren sie Kinder der 1940er-Jahre und die japanische Besatzung gehörte zu ihren frühesten Erinnerungen. Warum sollte man ein knappes Jahrzehnt später das Land erneut in ein Kriegsgebiet verwandeln?

Und dennoch war er von ihr fasziniert. Er wollte mehr wissen, nicht nur über sie, über alles. Bereits in jungen Jahren war ihm klar, dass die Welt nur Sinn ergab, wenn man nicht genau hinsah. In der Schule wurde ihm Geschichte als geradliniger Fortschrittsprozess mit einigen wenigen unglücklichen Zwischenfällen präsentiert. Aber jetzt war da Siew Li, die seine Eltern Kapitalisten nannte, als wäre das etwas Schlechtes, die auf ihre erfolgreiche Firma herabsah, weil sie erfolgreich war. Warum sollten von den vielen Menschen, die arbeiteten, nur sie reich werden? Darauf wusste er keine Antwort. Hätte aber gern eine gehabt.

Seiner Neugier war es zu verdanken, dass sie sich überhaupt kennengelernt hatten. Die Zeitungen hatten groß über Krawalle bei einem Busunternehmen berichtet, und im Radio hatte es sich gar angehört wie der Weltuntergang. Schon seit einiger Zeit hatten sich chinesische Mittelschüler den Arbeitergewerkschaften angeschlossen und das Land in Geiselhaft genommen. Am besten machte er sich von diesem historischen Augenblick selbst ein Bild, das war wichtig, doch wenn er ehrlich war, war es einfach nur aufregend – jedenfalls stand er nun auf der Alexandra Road und die Hitze und die Energie des Protestes versengten sein geordnetes Leben. Und da war sie, ein zusammengefaltetes Herrentaschentuch keck vors Gesicht gebunden wie eine Banditin. In den Händen ein Spruchband. Marianne, die Fahne schwenkend. Aus einer Anwandlung heraus sagte er Hallo zu ihr.

Sie lüftete den Stoff und er sah ihr energisches Kinn, die kleinen Zähne. Er versuchte, stockend auf Chinesisch eine Unterhaltung zu führen, bis sie Mitleid bekam und ins Englische wechselte, das sie zwar nicht fließend sprach, sich aber dennoch ausdrucksstark zu eigen machte. Unerklärlicherweise durchzuckte ihn kurz Scham. Unter seinesgleichen war man stolz darauf, kein Chinesisch zu sprechen, eine fremde Sprache. Englisch war die Zukunft. Seine Freunde machten sich über die chinesischen Schüler lustig, die sich immer noch an die Sprache des alten Landes klammerten und davon redeten, nach China »zurückzugehen«, obwohl sie hier geboren waren, und die Yao Lee statt Perry Como hörten. Und hier stand er nun, hörte geduldig zu, als sie ihr Transparent erläuterte. »Gaicao huandai. Hast du das noch nie gehört? Es bedeutet, die Zeit zu verändern und den, wie heißt das bei euch, Kaiser.«

»Wir haben keinen Kaiser.«

»Du weißt, was ich meine. Die zhimin

»Die was?«

»Die ang moh. Diese Leute.«

»Die Briten? Du meinst, die Regierung?«

»Ja, die Regierung. Es muss sich etwas ändern.«

»Geht es bei dieser Demonstration nicht um die Busfahrergewerkschaft?«

»Man kann nicht nur eine Sache ändern. Alles in diesem Land ist schlecht.«

So ging es eine Weile hin und her, er knallte Statistiken und Tatsachen gegen ihren Wall der Entrüstung, aber sie war bereits nicht mehr ganz bei der Sache, behielt die Polizisten in ihrer Nähe im Auge und zog sich das Taschentuch wieder übers Gesicht. Er wollte sich mit ihr nicht über Politik unterhalten, vielmehr nicht nur. Er wollte wissen, was sich sonst noch hinter diesen abweisenden Augen verbarg.

Doch ehe er nach ihrer Telefonnummer fragen konnte, veränderte sich die Atmosphäre, flirrende Spannung, und sein Selbsterhaltungstrieb veranlasste ihn, sofort um die Ecke zu biegen. Während er sich mit bemüht teilnahmslosem Gesicht trollte, brach hinter seinem Rücken ein Tumult aus. Er war nicht der Einzige, stellte er fest – eine Handvoll chinesischer Studenten verließ ebenfalls den Ort des Geschehens, noch nicht bereit, sich für die Sache zum Märtyrer zu machen. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Demonstrieren war das eine, eine Verhaftung etwas ganz anderes.

In sicherer Entfernung drehte er sich um und sah sie, er glaubte zumindest, dass es Siew Li war, die von zwei Polizisten festgehalten und weggezerrt wurde, ihr Spruchband aber trotzdem nicht loslassen wollte, es schleifte neben ihr her. Sie sah gelassen, fast verschmitzt aus, ein Ruhepunkt inmitten des Krawalls. Etwas in ihm fiel in sich zusammen. Er musste sie wiedersehen, er überlegte bereits, wie er sie am besten finden konnte. Noch immer hatte er ihr Gesicht vor Augen. Wie kam es, fragte er sich, dass man einen anderen Menschen ansah und es einfach wusste?

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Obwohl er kaum mehr ein Schlurfen zustande bringt, ermuntern ihn die Schwestern, aufzustehen und herumzugehen, andernfalls werde seine Muskulatur atrophieren und er sich eventuell wundliegen. Ungelenk gehorcht er, schafft es mit seiner Gehhilfe manchmal bis zum Dachgarten mit dem Fußreflexzonenpfad und den kleinen aseptischen Blumenkästen. Die Hauptattraktion ist die Aussicht; das Gebäude ist so hoch, dass man einen guten Blick auf die Stadt hat, die bunten Hochhäuser und – wie er sich gern einbildet – in der Ferne auf die graue Masse Malaysias.

Wenn er hier rauskommt, wird er reisen. In der ihm noch verbleibenden Zeit ein bisschen mehr von der Welt sehen. Warum hat er das nicht gemacht, als er dazu noch in der Lage war? Natürlich waren da die Kinder, aber später, als sie erwachsen waren, er sich noch guter Gesundheit erfreute und es sich problemlos hätte leisten können, warum hat er sich damals nie ins Unbekannte gewagt?

Als er Siew Li im Gefängnis besuchte, versprachen sie einander so vieles. Sie brauchte etwas, worauf sie sich freuen konnte, er ebenso, denn die Gegenwart war völlig unerträglich. Jedes Mal hatte er Gewissensbisse, dass er sie zurücklassen musste, während er in die bunte Welt hinausdurfte. Er erzählte ihr, was er getan und gesehen hatte, schmückte die Einzelheiten ein wenig aus, wenn sie ihm nicht aufregend genug erschienen. Am besten fragte er Siew Li nicht, wie es ihr ging: Es deprimierte sie, wenn sie nichts Neues zu berichten hatte, nur über die feuchten Mauern ihrer Zelle, eventuell gab es etwas besseres Essen oder ein Verhör, das grässlicher war als sonst.

Der Schmerz dieser zwei Jahre mochte die Ursache sein, weshalb er seine Nichte Stella später nicht besuchte, kein einziges Mal während ihrer gesamten Haftzeit. Deswegen – und aus so vielen anderen Gründen – hat er ein schlechtes Gewissen. Er hätte danach mit ihr reden, eine Nachricht schicken können, tat aber nichts dergleichen. Zum Glück hatten er und Barnaby sich zu diesem Zeitpunkt bereits zerstritten, das hätte sonst sicherlich das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht.

Was würde Mollie sagen? Er beschwört sie herauf und erklärt ihr zum wiederholten Mal: »Das mit deiner Tochter tut mir leid. Ich war kein guter Onkel. Ich hatte selbst Kinder, aber das ist keine Entschuldigung. Ich habe einfach nicht –« Und Mollie lächelt, lieb wie immer, und ergreift seine Hand. »Das lässt sich nicht mehr ändern«, sagt sie, »wir alle wünschen, wir hätten manches anders gemacht.« Es ist keine Absolution, aber besser als nichts. Er hält an Mollie fest und denkt, du hast nicht lange genug gelebt, um von mir enttäuscht zu werden.

Janet hat ihm auf den Nachttisch eine kleine Gideon-Bibel gelegt, die er nervös durchblättert. Er kann sich nicht mehr erinnern, wann er seine Kirchgänge eingestellt hat, er weiß nur, dass es keine bewusste Entscheidung war, er war einfach zu beschäftigt, zu müde, und nichts von dem, was sich ereignete, konnte Gottes Plan sein. Daher ließ er die Kinder von seinen Eltern zur Sonntagsschule bringen, was er bei jedem Besuch von Janet bedauert, weil sie unweigerlich einen Bekehrungsversuch startet. Es wäre einfacher, wenn er gläubig wäre, tröstlich gar – doch was, wenn sie recht hat und hinter dem Vorhang begegnet ihm nicht die befürchtete Leere, sondern die Toten, die allerdings weniger nett sind als in seiner Erinnerung und ihm vorhalten, was er ihnen alles schuldet?

Er schließt die Augen. Es war so einfach, sich jeden Tag in die Arbeit zu stürzen, sich danach der Zeitung zu widmen, dann dem Fernsehen. Seine Kinder lernten, dass sie ihn während seiner Lektüre nicht ansprechen und sein Schlafzimmer nie betreten durften. Er brachte das Essen auf den Tisch (hauptsächlich in Garküchen gekauft, an denen er auf dem Heimweg vorbeikam) und bezahlte das Schulgeld. Damit waren seine Pflichten erfüllt. Hätte er mehr tun sollen? Und Siew Li. Er hätte wohl versuchen können, sie zu retten, hat es aber nie getan. Diese Briefe – er versucht, sich zu erinnern, wo er sie hingetan hat. Er hätte etwas sagen sollen, und zwar zu … Der Gedanke ist ermüdend und entgleitet ihm.

Er bemüht sich, eine glückliche Erinnerung auszugraben. Der Jubel, als Siew Li freikam, das ist immer schön. Zu beobachten, wie sie aufs Neue ins Leben eintauchte, wieder ihren Platz in der Welt einnahm. Das Zusammensein mit ihr, ohne Tisch dazwischen – es fühlte sich besonders an, als müssten sie es mehr wertschätzen, weil sie so lange darauf gewartet hatten. »Hättest du aufgegeben?«, wollte sie einmal wissen. »Oder hättest du ewig gewartet?« Und natürlich sagte er, ewig, aber wie sollte man das wirklich wissen? Er stellte sie seinen Eltern vor, bereit, sie zu verteidigen, denn er befürchtete, sie könnten sich abfällig über ihre Herkunft oder ihre Inhaftierung äußern.

Jason gehörte zu den Menschen, die immer einen Plan haben – zunächst der Plan seiner ehrgeizigen Eltern (die richtigen Schulen, die richtigen Klubs), später der genau vorgezeichnete Pfad des Staatsdienstes. Siew Li war eine Abweichung, aber damals fühlte es sich berauschend an, unter Menschen zu sein, die nicht nur sich selbst ändern wollten. Anfänglich war Mollie zurückhaltend. Dann wurden die beiden Freundinnen, vielleicht musste das so sein. Siew Li gewöhnte sich an, früher als vereinbart zu kommen, und wenn Jason aus seinem Zimmer kam, saßen die beiden bereits gemütlich auf dem Sofa und plauderten, immer ein bisschen zu schnell, als dass er ihnen hätte folgen können. Siew Li versicherte ihm, sie habe kein Wort über ihre Weltanschauung verloren, keine Sorge, und Mollie behauptete, es gehe bei ihren Gesprächen ganz harmlos einzig um Mode und Musik.

Es war die Rede davon, dass Jason, wie andere kluge Burschen, zum Studieren nach England gehen sollte. Er bleibe lieber hier bei Siew Li, stellte er klar, und seine Eltern waren insgeheim erleichtert. Das Geld floss nicht mehr so üppig wie früher – während der Besatzung hatten die Japaner die Fabrik ruiniert und Jasons Familie hatte sie nur unter großen Mühen wieder auf eine gesunde Grundlage gestellt. Sein Vater war nicht daran interessiert, dass sein Sohn die Firma, die ohnehin keine Zukunft mehr hatte, übernahm, und fand, sein Kind sei für Höheres bestimmt als für Import-Export.

Letztlich erwies sich einzig Siew Lis Name als problematisch. Seine Mutter nannte sie unter anderem Sue und Sally, bemühte sich erst, die monotonen chinesischen Silben zu meistern, als Jason ein Machtwort gesprochen hatte. »Beeilt euch und heiratet«, sagte sie schließlich. »Dann kann ich einfach Tochter zu ihr sagen.«

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Sie heirateten tatsächlich und bekamen die Zwillinge. Jason hätte diese Zeit gern als glückliche in Erinnerung behalten, im Laufe der Jahre ist sie jedoch von den darauffolgenden Ereignissen überschattet worden. Es müssen mehrere gute Monate, wenn nicht gar zwei, drei Jahre gewesen sein, in denen alles nach Plan verlief. Janet hat ihm etliche Familienfotos ans Krankenbett gestellt, in der offensichtlichen Hoffnung, er könnte vergessen, wie sehr sie mittlerweile alle zerstritten sind. Jason erkennt sich darauf nicht wieder. Er sieht einen unglaublich jungen Mann mit merkwürdiger Brille und sorgfältig pomadisiertem Haar. Neben ihm ein Mädchen mit leidenschaftlichen Augen. Jeder von ihnen hält ein Baby auf dem Arm.

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Gern hätte er sich an einen Lebensabschnitt geklammert, der ganz und gar gut war, aber machte er sich da nicht etwas vor? Das ist die Tragik des Glücks, man erkennt es oftmals erst, wenn es verschwunden ist – doch es nie gehabt zu haben, ist bestimmt noch schlimmer. Wenn er an die Zeit zurückdenkt, als er ein junger Mann, ein junger Vater war, fühlt er sich leer, beschmutzt.

Damals war es durchaus schön, heimzukommen, Siew Li zuzuhören, die von ihrem Tag erzählte, die Zwillinge zu küssen und zu staunen, wie rasch sie sich veränderten. Es war viel Arbeit, den Haushalt am Laufen zu halten. Mollie kam häufig zu Besuch, auch nachdem sie geheiratet hatte. Dann wurde sie schwanger und freute sich darauf, dass ihr Baby bald Cousine und Cousin kennenlernen würde.

Die Gespräche von damals lassen sich nicht mehr rekonstruieren. In seiner Erinnerung gab es nie Streit, die Babys machten nie Probleme, was bestimmt nicht der Fall war. Siew Li war zur Ruhe gekommen, ihre rebellischen Tage lagen hinter ihr, ihr Englisch verbesserte sich durch den regelmäßigen Gebrauch. Noch immer arbeitete sie für eine Gewerkschaft, agitierte jedoch nicht mehr, sondern führte höchst nüchterne Vertragsverhandlungen. Was in Ordnung war, denn wie jedermann war auch Jason ein entschiedener Verfechter der Arbeiterrechte. Siew Li ging ganz in der Politik auf, engagierte sich im Wahlkampf, aber sie lebten ja angeblich in einer Demokratie und es war schließlich nicht so, als würde sie sich selbst um ein Amt bewerben.

Sein Vater war dabei, das Familienunternehmen abzuwickeln, das zu arbeitsintensiv geworden war, es gab Räume voller Frauen, die von Hand Perlen aufnähten. Der neueste Trend waren importierte Kleider aus schlampig mit der Maschine zusammengenähten bunt bedruckten Stoffen. Die leichtlebigen jungen Frauen, jene, die europäische Modemagazine lasen, wussten, was sie wollten – den New Look. Moderne, klare Linien, dezenter Luxus nach den deprimierenden, farblosen Kriegsjahren. Niemand wollte die Fabrik übernehmen, also verkauften sie schließlich das Firmengelände zum bestmöglichen Preis. Das Geld reichte für den Lebensunterhalt seiner Eltern, zu mehr aber auch nicht.

Als Siew Li fortging, hielten seine Eltern eisern den Mund. Es kam sie hart an, sich ein »wir haben’s dir ja gesagt« zu verkneifen, das konnte man ihren angespannten Unterkiefern ansehen. Auf ihre pflichtbewusste Unterstützung konnte er sich verlassen, damit hatte es sich aber auch. Sie würden sich um die Zwillinge kümmern, während er arbeiten war, und sie würden ihm nicht vorhalten, er sei dumm gewesen und seine Liebe zu Siew Li ein Fehler. Anfangs stellten sie ihm junge Frauen aus guter Familie vor, aber er erinnerte sie schroff daran, dass er noch verheiratet war, und sie ließen es bleiben.

Es war ein grauenvoller Tag gewesen. Er bekam im Büro einen panischen Anruf, Siew Li sei mit einer Freundin ausgegangen und nicht zurückgekommen. Er war heimgehastet, wo er eine in Tränen aufgelöste Mollie und brüllende Kinder vorfand. Sie schalteten das Radio ein und erfuhren, dass auch andere verhaftet worden waren, doch als sie zur Polizeiwache eilten, schworen die Polizisten, sie wüssten von nichts. »Wir würden uns aber durchaus gern mit ihr unterhalten. Geben Sie uns Bescheid, wenn sie wieder auftaucht«, sagte einer, und Jason dachte, ich werde den Teufel tun, dir meine Frau auszuliefern.

Sie blieb jedoch verschwunden, ihre Freundin Lina ebenso. Das Büro der beiden war abgeschlossen und niemand wusste etwas. Eine unstillbare Wut tobte in ihm, er fand es ungerecht, dass sie einfach so verschwunden war, während er hier festsaß, ohne Fluchtmöglichkeit. Diese Leute mit ihren hochfliegenden Plänen. Sie hatten sie ihm genommen, und Siew Li hatte es zugelassen. Warum war er ihr nicht genug gewesen?